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Brief von Josef Hohmann an Bruno Gröning

Rosenheim, 20.12.1956
Abschrift (PDF)


Hinweis
Die Schreibweise wurde an die Richtlinien der aktuellen Rechtschreibung angepasst. Alle Textformatierungen wurden wie im Original vorgenommen.

 

Josef Hohmann
Mittelschuldirektor a. D.
Rosenheim, Obb.
Max-Josefs-Platz 52

Rosenheim, 20. Dez. 1956
 

Sehr verehrter Herr Gröning!

Obwohl ich mich in unserer letzten Gemeinschaftsstunde bereits öffentlich entschuldigte, weil ich mit recht viel Vorurteil und als großer Skeptiker vor 1½ Jahren Ihrer Gemeinschaft beitrat, und zwar in der Absicht, nur die Wissenschaft sprechen zu lassen; um das Mirakelhafte, welches Ihre Person umgab, zu zerstreuen, muss ich Ihnen heute erklären, dass Ihr Wirken ins übersinnliche Gebiet eingewiesen werden muss.

Auf Ihr mündliches Ansuchen bin ich gern bereit, Ihnen meine Studienergebnisse zur Verfügung zu stellen, umso mehr, da Sie mir schon einige Zeit vorher verraten haben, dass Ihnen von allen Seiten bei Ihrer karitativen Sorgepflicht Schwierigkeiten bereitet werden. Zu Ihrer Beruhigung muss ich Ihnen mitteilen, dass die Äußerungen der wenigen Anwesenden, das hohe Gericht benutze angezogene Paragrafen, in Ihrem Fall den Heil-§, schon von vornherein, um Menschen zur Strecke zu bringen, ohne das Rechtsempfinden zu respektieren, ich nicht teilen kann.

Ich selbst bin über ein Menschenalter hinaus Beamter gewesen, stand unter Diensteid und hatte als Leiter einer höheren Schule mit Ministerialerlassen, mit Verordnungen und Verfügungen zu tun. So weiß ich aus meiner eigenen Erfahrung, dass man bei Gewissensnot niemals einen Paragrafen über einen Menschen stellen kann, wenn der Angeklagte unschuldig ist. In Fällen, die hart auf Messers Schneide liegen, hat der Richter immer noch einen Spielraum für seine menschliche Einstellung und dieser Spielraum ist umso größer, je gründlicher er mit der Materie vertraut ist.

Ein Beispiel: Wie oft habe ich mir vom Steueramt, von der Arbeitsstelle Unterlagen geben lassen, Nachforschungen über zusätzliches Privateinkommen verschafft, wenn bei Schulgeldermäßigungen Denunziationen von neidischen Nachbarn einliefen. In fast allen Fällen waren die Angeber Verleumder. Und unsere Richter haben den gleichen Diensteid und dasselbe Gewissen, und vergessen wir nicht - es sind deutsche Gerichte.

Ich habe in meiner Heimat Danzig viel in Richterkreisen verkehrt. Sie glauben gar nicht, was für liebe, geistig hochstehende Menschen das alle sind! Man soll sich durch die Roben [drei Worte unleserlich] der Atmosphäre im Gerichtssaal nicht gleich aus [Satzende fehlt.]

Es wäre doch ein Irrsinn, Caritas, Hilfe, die 10 Gebote Gottes, das Hauptgebot der Nächstenliebe und Berge von guten und sozialen Taten als Delikte zu bezeichnen. Ja, gibt's das denn! Denken Sie doch an den Ausspruch Christi: „Was ihr einem meiner ärmsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Nehmen Sie wirklich an, dass in einem sozial-christlich-demokratischen Staat christliche Richter die Hand gegen den Herrgott erheben werden?! Ich habe während meiner ganzen Dienstzeit, und wenn ich in Zweifelsfällen bis in die Nächte hinein an der Aufklärung arbeitete, weder Schülern noch Eltern, weder meinen Kollegen noch Mitmenschen ein Unrecht zugefügt. Fehlte einem Schüler bei der Abschlussprüfung ein Jota auf der Waage der Gerechtigkeit, so richtete ein kleiner Gnadenakt den Waagebalken aus. Und es ist kaum zu glauben, was das für eine innere Belohnung, ein Glück, ein Seelenfrieden an meinem Lebensabend ist.

Ihr Fall ist nur verfahren. Das heißt: „Mitten unter uns steht Einer, den kennt keiner!“ Und was man nicht kennt, das lehnt man ab. Nun habe ich in 1½ Jahren mit fanatischer Objektivität Ihren Fall so genau bearbeitet, dass das hohe Gericht bestimmt darauf eingehen wird.

Wären wir nicht auf Ihren Fall zu sprechen gekommen, hätte ich meine Forschungsergebnisse wahrscheinlich der Öffentlichkeit übergeben, um 1.) Klarheit über Ihre Person zu schaffen, 2.) um mich als Beamter – wenn auch im Ruhestand – im Interesse des Staates zu betätigen und meinen Mitmenschen nützlich zu sein, indem ich mich für Sie einsetze. Selbstverständlich denke ich im Augenblick unter keinen Umständen an eine Veröffentlichung, erstens, um nicht in ein schwebendes Verfahren einzugreifen und zweitens, um nicht die geringsten Zweifel an der Korrektheit unserer Rechtsprechung aufkommen zu lassen und drittens, weil ich von Ihrer absoluten Schuldlosigkeit fest überzeugt bin.

Nachdem Sie mir noch den Zeitungsausschnitt von 1949 vorlegten, wonach Se. Exzellenz, der damalige Ministerpräsident und heutige Landtagspräsident, selbst Jurist und eine Persönlichkeit von so großem Format, sich nach 2 Richtungen für Sie eingesetzt hätte: 1.) Eine weitherzige Auslegung des Heilparagrafen sei anzuwenden, 2.) Es müsste verhindert werden, dass die vielen Angebote ins Ausland Sie zum Nachteil unserer deutschen notleidenden Menschheit weglockten, ist Ihnen Ihr Recht doch bereits gesichert.

Ich würde sogar vorschlagen, dass Sie in Begleitung Ihres Herrn Anwalts den Herrn Vorsitzenden der kommenden Gerichtsverhandlung aufsuchten, ihm meine Forschungsergebnisse vorlegten, um zu erreichen, dass das Verfahren eingestellt und Ihnen der Anklagezustand vor einem so hochnotpeinlichen Forum aller Öffentlichkeit erspart bliebe, denn aus meiner rein objektiven Beurteilung geht doch ganz klar hervor, dass Sie völlig unschuldig sind.

Bevor ich mit meinen Darlegungen beginne, möchte ich vorausschicken, dass ich nicht in böser Absicht an mein Werk ging. Es waren ideale Interessen, und dass ich Ihren Fall überhaupt aufgriff, ging folgendermaßen zu: Als ich als junger „Dachs“ ins Schulamt trat, war ich recht bestürzt über die Abneigung, die Schüler und Eltern gegen die Schule hegten. Ich nahm mir ernsthaft vor, dieses Problem von der Wissenschaft her zu lösen. So blieb die Psychologie im Verein mit der ganzen Grenzwissenschaft bis heute mein Steckenpferd. Als Ihr Fall vor Jahren in der Presse auftauchte und die Begriffe „Wunderdoktor – Wunderheiler“ publik wurden, da wurde dieses Ereignis psychologisch für mich von äußerstem Interesse. Mein Orientierungseifer wuchs fanatisch durch folgendes Erlebnis: Unmittelbar vor der Predigt erklärte ein Kapuzinermönch in der Rosenheimer Klosterkirche Folgendes: „Gestern war ich persönlich am Traberhof, wo Tausende von Menschen auf die Ankunft Grönings warteten. Gröning erscheint auf dem Balkon, redet die Menschen kurz an und mustert dann eine Weile schweigend von oben herab die Wartenden. Und schon nach wenigen Augenblicken geschah das Ungeheuerliche. Viele werden an Ort und Stelle von den allerschwersten Krankheiten ganz plötzlich geheilt. Der Eindruck war gewaltig. Wir waren alle so ergriffen, dass spontan der Choral aufbrauste „Großer Gott, wir loben Dich!“ Und der Pater fährt fort: „Solche Wunderheilungen erinnern an das Neue Testament und sind nur auf übersinnliche Weise zu erklären.“

Nach diesem Berichte aus SO zuverlässiger Quelle ließ mich Ihr Fall nicht mehr los. Jahrelang suchte ich vergeblich Anschluss. Da besuchte mich ein bekannter Textil-Ingenieur aus München, der sich von uns nach Brasilien verabschiedete. Er erzählte mir, dass er durch Sie von einem schweren Leiden befreit worden sei, und zwar so, dass er Sie vorher gar nicht kannte, noch mit Ihnen in persönliche Berührung gekommen war. Es war ein Fernerfolg. Jetzt erst interessierte mich Ihr phänomenales Geschehen über alle Maßen. Mein Besuch beteuerte immer wieder, dass er Sie für eine einmalige Erscheinung betrachte und dass Sie über übersinnliche Fähigkeiten verfügten. Er öffnete mir auch die Tür in Ihre Gemeinschaft, sodass ich am 1. Mai 1955 als Mitglied in den Gröning-Bund eintrat.

Bemerkung: Ich will jetzt meine Untersuchungsergebnisse unverändert so folgen lassen, wie ich sie für die Öffentlichkeit bestimmt hatte.

Nach so viel widersprechenden Meinungen über die Person Bruno Grönings in der Öffentlichkeit, will ich jetzt versuchen, dem Wirken Grönings eine verständliche, reale Grundlage zu geben. Da gilt es, zunächst einen geeigneten Ausgangspunkt zu wählen

Auf welcher geistigen Ebene steht die Menschheit heute? Antwort: Unsere gegenwärtige Weltanschauung wird zumeist von der Existenzphilosophie bestimmt. Herzloser Materialismus und krasser Egoismus regieren im Allgemeinen unsere Zeitepoche. Dieser Niedergang drückt sich nicht nur in der Philosophie, sondern auch in Literatur, Malerei, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und ebenso im Nachrichtenwesen aus. So kann man ab und zu in den verschiedenen Tageszeitungen lesen: Gröning – Wunderheiler – Wunderdoktor.

Aber es ist ein oberflächliches Interesse und scheint teils Sensation, teils leichter Zynismus zu sein. Mir ist kein Blatt bekannt, das dieses „wunderliche Thema“ mit wirklichem Ernst, mit fanatischer Gründlichkeit untersucht hätte. So geht unser Zeitgeist blind an dem Gröning-Geschehen vorbei. Auch bei gutem Willen konnte auf dieser Ebene die Debatte bestenfalls zu dem unentschiedenen Ergebnis führen „Degustibus non est disputandum.“ Einzig und allein die christliche Weltanschauung, d. h., der Glaube an ein Jenseits, an eine höhere Macht, sind unerlässliche Voraussetzungen für die begriffliche Erfassung der Gröning-Rätsel.

Nachdem ich Kontakt mit Herrn Gröning bekommen hatte, ging ich sofort an meine Aufgabe heran. Mein Motiv war vor allem ein wissenschaftliches Interesse, das aber vorerst mit großem Vorurteil belastet war. Ich stieß als großer Skeptiker zu Herrn Gröning vor. Seit 1. Mai 1955 bin ich mit ihm 5-mal in Gemeinschaften zusammengekommen. Ich habe alle Vorgänge mit großem Interesse und recht kritisch verfolgt. So oft es mir möglich war, habe ich ihn persönlich um Aufschluss gebeten. Außerdem zog ich immer wieder Gemeinschaftsmitglieder zu Rate. Ich habe Einblick genommen in eine Menge Dankschreiben, die an ihn gerichtet worden waren. Ich las Berichte über die allerschwersten Krankheiten, die durch Herrn Gröning plötzlich abgestellt worden waren. Zudem sind in unserer Gemeinschaft auch ein paar Briefe über Fernerfolge von Übersee vorgelesen worden. Bis etwa 14.000 km nach Brasilien hin reicht Grönings übersinnliche Befähigung.

Schriftlich niedergelegte Tatbestände von ehemaligen Todeskandidaten befinden sich in Grönings Händen, dazu das vielfache Plus von mündlich verbürgten Heilerfolgen, die er nicht als sein Verdienst betrachtet, sondern stets einer höheren Macht zuschiebt. Trotzdem er sich in dieser Hinsicht ganz klar und deutlich ausdrückt, wird er dennoch oft falsch verstanden.

Auf recht neutrale, persönliche Wahrnehmungen und diese gewaltigen, mirakelhaften Tatbestände stützen sich meine Klarstellungen, Untersuchungen und Begründungen.

Ich wagte mich von 3 Seiten an das Gröning-Problem heran:

  1. Ich stütze mich auf die zahlreichen Tatbestände, die man unterteilen kann:

a) zugängliche Fälle,

b) solche, wo die Schulmedizin versagt und

c) in jene, die typisch ins übersinnliche Gebiet verwiesen werden müssen.

Diese Erfolge im Einzelnen hier anzuführen ist unmöglich. Es würde ins Uferlose gehen, und wie Herr RA Dr. Schwander, Grönings Vertreter, mir angab, sind unzählige Dokumente dem hohen Gericht angeboten worden, so viel, dass auf ein Großteil verzichtet wurde.

  1. Um Licht in obige Tatbestände zu bringen, habe ich mich an die Wissenschaft, insbesondere die Grenzwissenschaft, gewandt.
  2. Ich habe mich mit der Person Grönings selbst eingehend beschäftigt.

Zu Punkt 2: Um die Wundererfolge Grönings zu verstehen, sind wir gezwungen, zunächst einmal das weite Gebiet der Psychologie prüfend zu überschauen und daraus den Sektor auszuwählen, welcher für unsere Erforschung die geeignete Plattform anbietet. Und das wäre zuallererst das Leib-Seele-Problem. Aber gleich bei dem Wort Wissenschaft stößt man, sobald man sich jedermann verständlich machen will, auf erhebliche Schwierigkeit; denn Wissenschaft spricht ihre eigene Sprache, hat etwas von mathematischem Formelkram an sich. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit, d. h. es soll sich um keine wissenschaftliche Abhandlung drehen, möchte ich bei der Umgangssprache bleiben, mich einfach, anschaulich und klar ausdrücken, dass auch der einfache Mensch mir ohne Schwierigkeit folgen kann.

Um mich kurzzufassen, will ich mich nur an wissenschaftliche Kernpunkte halten und diese laienhaft umschreiben, selbst wenn ich dabei bei der geistigen Elite schwer in Misskredit kommen sollte. Lediglich fanatische Objektivität soll mich leiten, um damit der Sache am besten zu dienen. Überhaupt bin ich recht erstaunt darüber, dass unsere heutige Wissenschaft sich nicht längst mit dem Gröning-Geschehen mit ernstem Interesse auseinandergesetzt hat.

Ich komme nun zum Leib-Seele-Problem. Schon vor etwa 30 Jahren, als ich in London bzw. Paris meine neusprachlichen Studien beendete und mir als wissenschaftliche Arbeit „Die Gestalt der Jeanne d´Arc“ als psychologisches Problem gestellt wurde, habe ich mich mit dem Leib-Seele-Problem eingehend beschäftigen müssen. Im Altertum gehörten Medizin und Philosophie eng zusammen. Ihre Vertreter, wie Alkmaion, Empedokles, Galenos, mehr noch Heraklit und insbesondere Hippokrates – mir stand damals das umfangreiche Werk „Oeuvres completes d'Hippocrates“ von Littre zur Verfügung – sprechen sich eingehend über das Verhältnis von Leib und Seele aus. Die älteste Vorstellung ist folgende: Der Leib ist ein Kerker für die schattenhafte Seele. Flieht die Seele – vorgestellt wie eine Laterna Magica – aus dem Leibe, so hört die Tätigkeit des Körpers auf, der Tod tritt ein.

Dieses Leib-Seele-Problem bis in die Neuzeit hinein zu entwickeln, wäre mehr als interessant, aber für den Fall Gröning nicht unbedingt nötig. Ich steige daher mit folgendem Beispiel sofort mitten in mein Thema hinein: Ich stehe bei Sonnenschein an einem ruhigen Weiher, neben mir ausgebreitet ein trockenes, weißes Leinentuch. Mein Spiegelbild badet senkrecht im Wasser. Ich wende mich und lege meinen Schatten auf das trockene Leinentuch. Ich befühle Schatten und Leinentuch und beide sind völlig unbenutzt. Der gebadete Schatten blieb pulvertrocken, hat sich also mit dem Wasser nicht im Geringsten vermischt.

Ich denke mir nun diesen Schatten bildlich als Seele in den Körper hineingestülpt. Auch dort wird sich dieses seelische Bild weder mit dem Blut, noch irgendwie sonst mit dem Körper berühren, meint man. So sieht man seit 600 v. Christus das Verhältnis zwischen Leib und Seele. Beide gehen per Distanz nebeneinander, nicht per Arm. Man nannte dies eigenständige Nebeneinander ohne ursächlichen Zusammenhang wissenschaftlich: psycho-physischer Parallelismus.“

Im Hinblick auf diese radikale Trennung, die durch die Grenzwissenschaft längst überholt ist, beschäftigt sich die moderne Medizin leider auch heute noch nur mit dem Körper. Ich verkehrte in meiner Heimat familiär mit mehreren Ärzten. Oft diskutierte ich mit ihnen darüber, warum sie Wunderheilungen eo ipso ablehnten und diese Fälle nicht als interessant mit ganzer Leidenschaft anpackten. Immer erhielt ich von allen Seiten ungefähr diese gleiche Antwort: „Dort, wo Wunderheilungen auftreten, hört die exakte Wissenschaft auf. Und wir sind stolz darauf, durch Tierversuche und solche im Labor, durch Entwicklung neuer Methoden bei Operationen und in der Therapie nur unumstößliche Tatsachen zu registrieren.“

Wo dieses Gebiet aufhört, rutscht man doch ab ins leere Nichts. Und wie soll man denn aus einem Nest Eier holen, in dem keine drin sind? Hier ist klipp und klar bewiesen, dass die klassische Medizin, die Schulmedizin, die betont exakte Wissenschaft, die Gröning-Rätsel nicht lösen kann. Sie wird einfach überfordert. Der bedeutende Kliniker Prof. Dr. Naunyn, Straßburg, lehrte: „Medizin wird reine Naturwissenschaft sein, oder sie gibt ihre Existenz auf.“

Die exakte Wissenschaft, und dazu gehört die moderne Medizin, ist doch ein Kind ihrer Zeit. Sie kann ja gar nicht anders sein. Und Ärzte haben mir offen erklärt: Die Seelsorge überlassen wir der Kirche. Ich wollte damit beweisen, dass es ein Schlag ins Leere ist, sich Rat im Falle Gröning von der naturwissenschaftlich bestimmten modernen Medizin zu holen.

Eine Handhabe für ein Verständnis bildet einzig und allein die Grenzwissenschaft, die für die Seele, die unsichtbare Welt, zuständig ist. Sie hat die Aufgabe, das Verborgene wissenschaftlich zu erfassen und aufzuklären.

Die Grenzwissenschaft fasst heute 3 Gebiete

  1. das wissenschaftlich bereits Erkannte,
  2. das wissenschaftlich noch Unbekannte, aber früher oder später einmal noch zu Erkennende und
  3. das wissenschaftlich ewig Unerkennbare.

Gebiet 1 und 2 wäre das übersinnliche Tatsachengebiet und noch zugänglich durch Experimente, besonders Test und Rückschlüsse. Das Gebiet 3 aber ist übernatürlich, von uns durch eine unüberbrückbare Kluft getrennt. Meine Aufgabe muss es nun sein, aufzuzeigen, auf welcher von diesen 3 Ebenen liegt das Gröning-Geschehen.

Es liegt, um bereits einiges vorwegzunehmen, auf der 3. Ebene, auf dem übersinnlichen Gebiet. Es war gar nicht so leicht, sich darüber ein klares Bild zu verschaffen. Gleich in der 1. Versammlung fiel mir bei der Person Grönings auf, dass er auch ohne Studien über viele Dinge aus alter und neuer Zeit, und zwar in Geschichte, Politik, Weltwirtschaft und Wissenschaft Bescheid wusste, hier und dort Grundsätzliches einschaltete, was sich durchaus mit den Ergebnissen der Wissenschaft deckte. Ich war darüber so erstaunt, dass ich an Herrn Gröning die Frage richtete: „Treiben Sie Privatstudien?“ Und zu meiner größten Bewunderung bekam ich die Antwort: „Nein, das fällt mir eben zu.“ Aber das nur nebenbei. Ich führe meinen Beweis schrittweise weiter. Die Grenzwissenschaft wurzelt im Gebiet der Psychologie. Sie wurde von Sigwart vor der Jahrhundertwende aus der Taufe gehoben und stellt das Leib-Seele-Problem auf eine ganz neue Stufe. Ihr großer Vorkämpfer ist Wundt (von 1832 –1920).

Dieser große Psychologe schrieb der modernen Medizin zum Trotz folgendes Werk: „Über psychische Kausalität und das Prinzip des psychophysischen Parallelismus“ Er greift darin den psychophysischen Parallelismus und somit auch gleichzeitig den Materialismus an. Er will den Ärzten von heute beweisen, dass die Seele den Körper stark beeinflusst und deshalb bei Heilungen eine große Rolle spielen kann. Wundt fand bei Zeitgenossen und Nachfolgern viel Zuläufer. Durch diese neuen Erkenntnisse wurde man gewahr, dass die schwersten Krankheiten wohl durch seelische Behandlung in manchen Fällen, aber nie durch körperliche Behandlung geheilt werden könnten.

Und nun ereignete sich etwas ganz Außergewöhnliches: Ein strenger Vertreter der modernen Medizin, der 45 Jahre lang als Chirurg bevorzugt Operationen ausgeführt hatte und Heilungen nur über den Körper für möglich hielt, gab ein epochemachendes Werk heraus mit dem Titel: „Die Seele“. Es war der berühmte Univ.-Professor Geheimrat Dr. August Bier, Berlin. Er lebte von 1861 – 1949.

Später gab in Danzig der sehr erfolgreiche Dr. Erwin Liek sein berühmtes Buch heraus: „Vom Wunder in der Heilkunde“. Es ist aufgebaut auf seelischen Erfahrungstatsachen. Prof. Dr. August Bier schlägt von der modernen Medizin die Brücke zur Grenzwissenschaft und damit zur neuen Heilweise. Er steht noch fest mit einem Fuß als Naturwissenschaftler in der modernen Schulmedizin, betritt aber mit dem anderen völliges Neuland, indem er in der Heilkunde ein festes, ursächliches Verhältnis zwischen Leibe und Seele begründet. Er stellt folgenden Grundsatz auf: Nicht psychophysischer Parallelismus, sondern Wechselwirkung zwischen Leib und Seele findet statt. Das ist eine Wendung von 180 Grad und nun ist das Leib-Seele-Problem und wir sind dem Gröning-Geschehen ziemlich nahe [sic!].

Nun ist es in Wirklichkeit nicht so, dass schon ein paar Wissenschaftler sich mit einem neuen System durchzusetzen vermögen. Sie werden zunächst angefeindet und abgelehnt. Erst als diese neue Bewegung ungeheuer anwuchs und eine Unzahl von Tatsachen registrierte, konnte man die neue Richtung nicht mehr negieren.

Als Verfechter „der Wechselwirkung“ zwischen Leib und Seele traten ernste anerkannte Forscher vor die Öffentlichkeit: so Univ.-Prof. Neumann, Leipzig, mit den beiden Werken über experimentelle Psychologie; Prof. Ehrenstein, Danzig, in den 30-er Jahren und Schneider, Bonn, mit der Gestaltungspsychologie und der große Psychologe Kretschmer, geb. 1888, trat mit seiner Typenlehre und Charakterologie hervor.

Dann aber kamen die Psychoanalytiker: Adler, Freud, Jung und heute Prof. Frank, Wien, und jetzt wohl die bedeutendste Kapazität auf diesem Gebiet: der amerikanische Psychiater William Claire Menninger. Außer diesen gibt es eine ganze Reihe anderer Gelehrter auf diesem Gebiet. Die Psychoanalyse, d. h. Aufschlüsselung, Arbeitsweise, Fähigkeit und Kraft der Seele und ihr Einfluss auf den Körper füllt heute schon eine ganze Bibliothek.

Die Stationen dieser höchst interessanten Wissenschaft aufzuzeigen, wenn auch nur ganz elementar, wäre wertvoll für unseren Fall Gröning und noch weiter aufschlussreich. Aber hier stehe ich selbst vor einem Problem, denn das ergäbe ein recht dickes Buch. Ich habe mich daher entschlossen, an selbst ausgeklügelten Beispielen den Kern der Psychoanalyse zu erschließen.

Da werden Wissenschaftler entsetzt sein und schelten: Wie kann man nur so leichtfertig und banal mit der ehrwürdigen Wissenschaft umgehen! Ich gebe zu: Beispiel für ein so übersinnliches Gebiet kann nie mehr echte, logisch geformte Wissenschaft sein. Aber hier soll ausnahmsweise der Zweck die Mittel heiligen.

Der große Vorteil ist der, dass eine ganze Bibliothek blitzartig ausgeräumt wird und zweitens, dass mich auch der einfache Mensch gut versteht.

Ich spreche zunächst über die Wechselwirkung zwischen Ober- und Unterbewusstsein der Seele. Stellen wir uns einen gewaltigen Eisberg vor. Nur ein ganz kleiner Teil ragt aus dem Wasser heraus. Dieser soll das Oberbewusstsein darstellen.

Der große, gewaltige Teil unter Wasser möge das Unterbewusstsein versinnbildlichen. Beide üben unablässig aufeinander eine Wechselwirkung aus, die unbewusst vor sich geht. Sie macht den einfachen, undisziplinierten Menschen wankelmütig, launisch, zum Spielball seiner Gefühlswallungen. Alles geht so blitzschnell vor sich, dass man für Missstimmung und Heiterkeit keinen fassbaren Grund findet. Dass aber Herr Gröning, so wie ich ihn kenne, mit ganz ähnlichen Gleichnissen, die sich völlig mit der Wissenschaft decken, in den Gemeinschaftsstunden die Anwesenden aufklärt, machte mich stutzig. Ich glaubte anfangs, es mit einem einfachen Laien zu tun zu haben, musste aber bald einsehen, dass er über Teilausschnitte und über Informationen aus großräumigen Wissensgebieten verfügt, die ihm wahrscheinlich aus einer übersinnlichen Welt vermittelt werden, denn wie soll er solche Erkenntnisse sonst aus dem Nichts sich aneignen können?

Zur Klärung dieser Tatsache folgendes Beispiel:Die Oberfläche des Meeres sei das Oberbewusstsein, die Tiefe des Meeres das Unterbewusstsein. Die täglichen Gewohnheiten, Tagesereignisse und Aufgaben plätschern wie Regentropfen auf dem Meeresspiegel, zerfallen und erreichen das Unterbewusstsein nicht. Aber betont freudige oder erschütternde Eindrücke kommen mit schlummernden Eindrücken in Berührung, wecken sie und kommen mit ihnen an die Oberfläche des Meeres, zum Oberbewusstsein. Wie der Meeresspiegel mit dem Luftmeer verbunden ist, steht die Tiefe des Meeres, das zweite Ich, als göttlicher Funke mit dem Allbewusstsein, dem Schöpfer, in Verbindung.

Unser Denkapparat, das Oberbewusstsein, ist nicht fähig, sich mit dem Schöpfergeist zu verbinden. Dieses ist nur möglich in der Tiefe, aber nicht durch Denken, sondern nur für einige Wenige durch Intuition, d. h. durch Erfühlen, also durch direkte geistige Schau, wie etwa Musik auf uns einwirkt.

  1. Der Durchschnittsmensch gleicht jenem, der nicht schwimmen kann. Er steht am Ufer des Meeres und kann nur den Meeresspiegel erfassen, d. h. sein Denken, Fühlen und Wollen registriert er nur im Oberbewusstsein.
  2. Der Gelehrte, Wissenschaftler und Philosoph kann schwimmen. Er kann auch einige Meter tauchen, kennt sich aber trotzdem im "Meer seiner Seele" nicht aus, denn der Mensch kann sich nicht in 2 Wesen aufspalten, dass der eine Teil Ober- und Unterbewusstsein bewegt und der andere Teil passiv zuschaut, was dabei geschieht.
  3. Der Meister der Weisheit aber hat eine besondere Rüstung. Er ist der kühne Taucher, der bis auf den Meeresgrund seiner Seele hinabsteigt. Er kann alle Wunder, Kräfte und Strömungen im Inneren seiner Seele erschauen und kann die göttliche Weisheit und Wahrheit in sein Oberbewusstsein heraufbringen und sie zum Segen der Mitmenschen benutzen. Es geschieht nicht durch Denkapparat, sondern durch Intuition, d. h. durch direkte Verbindung mit der göttlichen Kraft. Wir denken dabei an die Propheten, die Apostel und die großen Seher.

Die seelische Umwandlung des Denkens in die direkte gefühlsmäßige Intuition, diese große Kunst, haben alle jene großen Meister besessen. Und zu diesen gehört auch Herr Gröning. Er besitzt diese Gottesgnade. Anhand von Tatbeständen werde ich das später noch nachweisen.

Ein 2. Beispiel von weit größerer Bedeutung ist die Wechselwirkung zwischen Leib und Seele. Nahm man früher an, dass körperliche Vorgänge selbstständig sich vollziehen und ebenso die seelischen Funktionen getrennt ablaufen, so weiß die Grenzwissenschaft heute, dass zwischen Körper und Seele ein enges Verhältnis besteht. Ein Kausalzusammenhang, ein Spannungsverhältnis besteht zwischen beiden. Es ist so, als ob zwischen beiden ein eng gesponnenes Fluidumnetz sich ausbreitet, sodass jederzeit Funksprüche hin- und herüber ausgetauscht werden. Diese Verbindung bezeichnet man in der Wissenschaft mit psycho-physischer Wechselwirkung.

Da das Feinstoffliche stets viel mehr Macht besitzt und außerdem das unsichtbare Äthernetz in der Seele wurzelt, liegt im Unterbewusstsein eine ungeheure Kraft, die sich jederzeit auf dem feinen Verbindungswege dem Körper mitteilen kann. Wir sehen es ja bei Geisteskranken, die 10-fache, 15-fache Kräfte entwickeln, wenn sie die Kontrolle über ihre geistigen Kräfte verloren haben.

Beispiele für Wechselwirkung

Die Seele empfindet Scham oder Wut. Betont heftig schwingt das äußerst empfindliche Äthernetz in den Körper hinein und sofort errötet das Gesicht. Und nun umgekehrt: Beschwerden des Alters stellen sich ein. Der Körper ruft über das Oberbewusstsein die Tiefenseele an: Ich mag nicht mehr! Wenn das längere Zeit ohne Unterlass geschieht, wird auch die Tiefenseele, das andere Ich müde und schlapp und schließlich stellt sich Todesahnung ein. Man spricht wissenschaftlich von Komplexen, von dem lateinischen complectere = Zusammenflechten.

Um im Bilde zu bleiben, es bilden sich in dem Fluidumnetz starre, verwickelte Stellen und wenn das andere Ich diesen Vorgang selbst noch weiter fördert, stirbt der Mensch. Eine solche fixe Idee kann völlig Gesunde zu Tode bringen, wie auch umgekehrt fanatische Hoffnung Sterbende gesund machen kann. Sogar plötzliche Freude oder Schreck haben nicht selten Gesunde auf der Stelle getötet, so innig stehen Körper und Seele miteinander in Verbindung.

In 2 Kapiteln hat Geh. Rat Prof. Dr. Aug. Bier das wissenschaftlich nachgewiesen. Ich zitiere 3 kurze Beispiele wörtlich aus seinem Werk: „Die Seele“.

Erstens: Ich erinnere mich einiger Kranker mit anscheinend ungefährlichen Leiden, die sich nicht zur Operation entschließen konnten, weil sie die feste Überzeugung hatten, sie nicht zu überstehen. Als sie dann schließlich doch auf die Operation eingingen, so starben sie an den unwahrscheinlichsten Zwischenfällen.

Zweitens: Ein Fachgenosse, strotzend vor Gesundheit, erzählte mir, ihm sei ein Krankenhaus angeboten, er habe es aber abgelehnt. Ich sagte ihm darauf: Das kann ich nicht billigen. Er antwortete mir: Sie sind vollständig im Recht, aber ich habe die bestimmte Ahnung, dass ich nicht mehr lange lebe. Ein Vierteljahr später starb er.

Drittens: Es ist nicht nur die größte Grausamkeit, dem Menschen alle Hoffnung zu nehmen, sondern auch eine Torheit, da die Hoffnung Wohlbefinden erzeugt und für die Genesung sehr wichtig ist. Wir begehen hier also eine pia fraus, und der Zweck heiligt die Mittel; denn welcher ältere Arzt hatte nicht schon schwerkranke Menschen gesehen, die aller Erfahrung nach zugrunde gehen mussten, aber trotzdem mit dem Leben davonkamen. Soweit der große Chirurg und die große Kapazität als Vertreter unserer heutigen modernen Schulmedizin, Prof. Dr. Aug. Bier, der erst 1949 verstarb.

Und gerade hier möchte ich den Fall „Kuhfuß“ einschalten, der Herrn Gröning zur Last gelegt wird. Ein Tbc-todkrankes Mädchen, das bereits lange in ärztlicher Behandlung war, verliert den Mut und gibt die Behandlung auf. Ihr seelischer Zustand ist doch jetzt wissenschaftlich gesehen so: Alles hat keinen Zweck mehr, also im Unterbewusstsein: Todesahnung, also ist ihr Ende bereits besiegelt. Das heißt doch: Wenn es einen Gröning überhaupt nicht gegeben hätte, wäre dieses Mädchen bei seinem seelischen Zusammenbruch sofort gestorben, denn wie in den vorhin zitierten Beispielen hätte das angeschlagene Unterbewusstsein die schwache Körperkraft sofort ausgelöscht.

Da hört die Todeskandidatin von Bruno Gröning. Ihre unterbewusste Seele fängt sich in der Tiefe, schöpft wieder Hoffnung. Sie kommt zu Gröning. Und ich schätze, dass sich ihr Zustand anfangs auch gebessert haben wird. Aber sicherlich ging diesem jungen Menschen die Besserung nicht schnell genug vonstatten und außerdem neigen ja Tuberkulöse sowieso zu Depressionen. Es kommt demnach zu einem seelischen Rückschlag und das Mädchen stirbt.

Macht man hier Herrn Gröning verantwortlich, so verurteilt man doch gleichzeitig den großen Arzt und Naturforscher Geheimrat Prof. Dr. Bier, eine Kapazität von größtem Ruf. Man verweigert sogar wissenschaftlichen Ergebnissen aus der modernen Medizin, d. h. aus der exakten Wissenschaft, die Anerkennung. Denn Prof. Dr. Bier war ja trotz seiner Seelenforschung Vertreter der heutigen naturwissenschaftlichen, modernen Medizin. Er war kein Psychoanalytiker.

Gröning wird hier voll und ganz unschuldig unter Anklage gestellt. Entweder war das Mädchen überhaupt nicht mehr zu retten, oder aber es hat durch plötzliche Mutlosigkeit sich selbst alle Chancen verbaut und starb durch eine Panne in ihrem Tiefenbewusstsein. Denn Herr Gröning selbst hat doch wirklich nichts verdorben, weder durch Diagnose, noch Vorschrift, noch Arznei, noch Heilkräutlein oder sonst etwas. Er war doch völlig passiv. Was er wirklich getan hat, ist ein Plus, eine Förderung, indem er durch Hoffnung das scheidende Leben um einige Zeit verlängerte. Keinem Arzt war es bisher möglich, einen Todeskandidaten zu retten, der seelisch abgebaut hat.

Bei Neuauflage dieses von Prof. Dr. Bier verfassten Buches müsste dieser Fall „Kuhfuß“ als typisches Beispiel für seelischen Abbau mit Todesfolge eingeschaltet werden. Eine Verurteilung Grönings aber würde bedeuten, Prof. Bier, d. h., gleichzeitig unsere staatlich sanktionierte, naturwissenschaftliche Medizin, also auch den medizinischen Fakultäten unserer Hochschulen die Anerkennung versagen, also im Grunde Jura contra Schulmedizin, denn meine wörtlich zitierten Stellen aus Dr. Biers Werk ergäben diese paradoxe Konsequenz.

Ohne Mühe könnte ich aus der Medizin und Philosophie weitere Belege für meine Behauptungen erbringen. Ich will nur noch folgendes von unserem berühmten Philosophen, dem Münchener Univers.-Prof. Guardini anführen. Er sagt in seinem Kapitel „Phänomen des Todes“ wörtlich: „Man kann von einem psychologischen Tode reden. Die Gegenwehr gegen das Sterben kommt nicht mehr aus dem Innersten. Im Letzten will ein solcher Mensch nicht mehr leben. Es lohnt ihm nicht mehr, und immerfort stirbt Seelisches aus dem Tiefenbewusstsein. Alles Sterben ist ein Sterben vom Seelischen her.“ Soweit Prof. Guardini.

Ich frage: Welcher Arzt kann da vom Körper her noch helfen, wenn der seelische Tod bereits eingesetzt hat? Sagt doch Prof. Pascal ausdrücklich: „Die seelische Kraft ist das erste, der Stoff erst das zweite.“ Also ein 2. wissenschaftlicher Beweis für den hoffnungslosen Fall Kuhfuß. Aber warum will man denn mit fanatischer Besessenheit gerade Gröning diesen Fall in die Schuhe schieben? In der Antike würde man erschauern und meinen, er werde von Furien zu Tode gehetzt. So erscheint uns Gröning als ein wehrloses Opfer. Alle guten Dinge sind daher drei. Der Fall erscheint mir recht aufgebauscht und einseitig übertrieben, denn er schaut beinahe wie ein ausgelegtes Fangeisen aus, daher will ich den Fall noch von folgender Seite beleuchten: In meiner Heimat verkehrte ich familiär viel mit Juristen. Eng befreundet war ich mit Landgerichtsrat Ziehm, der seine einzige Tochter in meine Schule schickte. Dieser geistig sehr hochstehende Mensch verriet mir einmal folgende goldene Regel, die mir bei meinen Entscheidungen als Schulleiter sehr nützlich gewesen ist. Er sagte: „Wenn mir als Jurist ein Fall nicht ganz klar ist, denke ich an den großen Wahrheitssucher Sokrates, der folgendes Wort geprägt hat: Die Wahrheit schaut am deutlichsten hinter den Kulissen hervor, wenn man den Fall ins Gegenteil verkehrt.“ Probieren wir diese Sentenz bei dem Fall Kuhfuß aus.

Sagen wir also das Tbc-Mädchen wäre im Anfangsstadium zuallererst zu Herrn Gröning gekommen, und er hätte 1½ Jahre an dieser Tbc-Krankheit erfolglos herumkuriert. Wir bezeichnen diese Phase mit A.

Darauf geht das Mädchen als Todeskandidat zu Professoren und Ärzten und stirbt unter ihrer Behandlung. Das soll die Phase B sein. Der Prozess setzt ein. Ärzte treten als Sachverständige auf. Sie sollen ermitteln, wo der Unschuldige steht.

Und ich gehe die größte Wette ein, alle Ärzte und Professoren, alle medizinischen Fakultäten, ja alle Mediziner der ganzen Welt stellen sich hinter die Phase B mit dem Bemerken: Hier thront mit vollem Glorienschein die Unschuld, denn wie kommen wir dazu, dafür geradezustehen, was jemand in einer Behandlungszeit von 1½ Jahren „verbockt“ hat? Das wäre doch geradezu lächerlich und absurd!

Und gerade dort, hinter der Phase B steht Gröning unter Anklage. Demnach hat der die ganze moderne Schulmedizin, vielleicht eine ganze Million Wissenschaftler hinter sich, die geschlossen seine Unschuld demonstrieren. Gab es auf der ganzen Welt jemals solch einen Superlativ von Paradox? Und solch ein heißes Eisen wird dem Herrn Staatsanwalt in die Hände gespielt, der als Staatsbeamter die Anzeige aufnehmen muss.

Welch ein grotesker Fall! Welch ein typisches Beispiel unserer gehässigen, liebeleeren, dämonischen Zeit! Dass das Strafgesetzbuch überhaupt solche Fälle verfolgt, die so bei den Haaren herbeigezogen sind, dass sie den gesunden Menschenverstand negieren, werde ich als Laie, d. h. als Nichtjurist, nie begreifen.

Um meine gerechte Empörung etwas abzureagieren, noch einen 4. Beitrag zu dem Fall Kuhfuß: Ich denke an meine philosophischen Studien. Mit welcher Präzision haben damals die Herren Professoren die Kant`sche Logik durchexerziert. Komplizierteste Begriffe wurden erstellt. Die ganzen Kategorien von Urteilen, Schlüssen, Analogien, Syllogismen und Induktionen in genauester Rangordnung praktisch durchgepaukt, Trugschlüsse ausgesondert usw., Studien, die gerade von Jurastudenten so ernst genommen wurden. Wenn ich den Fall Kuhfuß logisch skizziere, so sieht er doch etwa so aus:

1. Prämisse: Was Ärzte nicht zu heilen vermochten, das wird Herrn Gröning übelgenommen.

2. Prämisse: Im Tbc-Fall Kuhfuß blieben die Ärzte erfolglos.

3. Conclusiv: Also ist Herr Gröning der Schuldige. Das ist dasselbe, als wenn ich folgere:

1. Prämisse: Was ich nicht verloren habe, das habe ich.

2. Prämisse: Hörner habe ich nicht verloren.

3. Conclusiv: Also habe ich Hörner.

Ebenso wenig wie ich durch diesen Trugschluss Hörner erhalte, genau so unschuldig ist Bruno Gröning.

Somit ist der Fall Kuhfuß geradezu ein klassisches Beispiel von einem Trugschluss und wert, in die Logik eingeordnet zu werden, um daran zu demonstrieren, wie man damit einen Unschuldigen vor der Strafkammer unter Anklage gestellt hat. Sollte hier jemand anderer Meinung sein, dann muss ich annehmen, dass bereits die Zeit über mich hinwegschreitet, dass unser Maschinen- und Atom-Zeitalter bereits Denkformen zertrümmert. Aber wie soll das wiederum möglich sein, da Letztere ja nicht aus der Erfahrung stammen, sondern a priori gegeben sind?

Ich schließe den Fall Kuhfuß mit den Worten des großen Vertreters unserer modernen Medizin, Prof. Dr. Aug. Bier, ab: Es ist die größte Grausamkeit, dem Kranken alle Hoffnung zu nehmen.

Sollte denn Herr Gröning gegen diesen Aufruf das todkranke Mädchen brutal wegjagen und bar aller Menschlichkeit den erbarmungslosen Scharfrichter spielen, sodass der Tod sogar gleich auf der Stelle eingetreten wäre. Diese Hinrichtung wäre demnach straffrei, das Gegenteil – Humanität und Hilfsbereitschaft – strafbar. Ja, gibt’s das denn?

Wie nun auf dem Gebiet psychophysischer Wechselwirkung Heilungen über die Seele möglich sind, will ich an 2 konkreten Beispielen zeigen:

Mir liegt das „Neue Blatt“ vom 8. November 1958 vor.

1. Schlagzeile: Tausende pilgern zu H. Z.

2. Schlagzeile: Ich bete euch gesund!

Verfasst von dem Journalisten Herrn Dr. Horst Mann.

Eine Holzbaracke, 400-500 Kranke. Vorne der Rasierklingenfabrikant H. Z. Er predigt das Wort Gottes mit kraftvoller, donnernder Stimme. Er fordert beschwörend ganze Glaubenskraft: „Wer Gott dient, wird gesund!“ Er ruft den Kranken scharf an: „Was ist mit Dir?“ „Du bist befreit!“ „Hebe die gelähmte Hand! Höher, noch höher“, usw. Eine Büchse geht um für freiwillige Spenden. Es sind auf diese Weise bereits DM 130.000,– für einen Versammlungsraum gespendet worden. Und nun die Auswertung dieser Begebenheit. Betet Z. die Menschen wirklich gesund? Ich leugne nicht die Kraft des Gebetes. Aber kann ein gläubiger Christ einsehen, dass ein x-beliebiger Mann die Kirche in einem so dimensionalen Ausmaß überbietet, sozusagen in den Schatten stellt? Eine Kirche, wo täglich die heilige Handlung stattfindet, Sakramente ausgeteilt werden und die dazu göttlich begründet ist. Nein, hier liegt ein Trick vor!

Der Mensch wird vom Jenseits angesprochen, sein Gewissen, der kategorische Imperativ, die Abhängigkeit von Gott, sind ihm gesetzt. So sind die sittlich-moralischen Anlagen, die religiösen Gefühle am empfindlichsten. Sie sind als intime Freunde der Seele im Unterbewusstsein am stärksten verankert. Diese aber benutzt Z. für seine Zwecke. Er benutzt sie wie Poseidon den Dreizack und weckt robust das andere Ich in der Tiefe. Er geht à la Dr. Eisenbart mit donnernden Worten auf seine Patienten los. Es kommt bei dieser stürmischen Aggression noch ein ganz starker Schuss von Suggestion dazu. Auf diese Weise wird das Unterbewusstsein jener Menschen in ungeahnter Weise aufgepeitscht und aufgewühlt.

Wild, wie ein sprühendes Feuerwerk, wirbelt das verbindende Spinnweb-Äthernetz (natürlich bildlich ausgedrückt) vom erregten Tiefenbewusstsein her in den Körper hinein und reißt dort Unbilden und Krankheiten heraus, eine offensichtliche Wechselwirkung zwischen Seele und Körper.

So ist diese Prozedur, wenn man die Parapsychologie heranzieht, weder ein Gesundbeten noch etwa ein Wunder. Es ist lediglich ein Beispiel für psychophysische Wechselwirkung plus Suggestion. Genau dasselbe stellen wir fest, wo bei Jazzgequäke, schrillem Gekreisch, wilden Disharmonien, Torkeltakt, Gliederverrenkungen, der „Rock-’n’-Roll-Tanz“, das Unterbewusstsein der Halbwüchsigen so orkanartig in Bewegung setzt, dass die Gesichter verzerrt, ein Toben und Rasen den Körper zum willenlosen Werkzeug degradiert und in wilder Verzückung und Ekstase ein wirbelnder Haufen von anormalen Einrichtungsgegenständen des Lokals in Trümmer legt. Hier eine kleine Zeitungsnotiz: Auch im West-Berliner Sportpalast gab es Krach: Nach einer Rock-’n’-Roll-Veranstaltung zertrümmerten etwa 500 Halbwüchsige das Inventar und verletzten mehrere Polizisten. Siehe auch: Verurteilung vor der Jugend-Strafkammer Hannover. Also hier ein 2. Beispiel von psychophysischer Wechselwirkung an Gesunden veranschaulicht.

Ein Gegenbeispiel, das den umgekehrten Weg aufzeigt: Ein Kind von 4 Jahren verliert durch Unfall den Vater. Die Mutter fühlt sich recht verlassen und opfert sich ganz ihrem Kinde. Diese Affenliebe entzieht das Mädchen völlig den Mitschülerinnen. Mit 12 Jahren wird das artige Kind von der ganzen Schule als Sonderling angesehen, es wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. So wird die übertriebene Mutterliebe dem Mädchen zur Last. Es hat aber nicht die Kraft aufzubegehren, denn es will die Mutter nicht beleidigen. Das Mädchen ist heimlich recht unglücklich und betrübt. Aus ihrem Oberbewusstsein gehen täglich düstere Gedanken über die Bewusstseinsschwelle hinab ins Unterbewusste. Dort wird selbstverständlich alles gestapelt, denn was wir oben vergessen, ist nie von unserem andern Ich vergessen. Im Tiefenbewusstsein geht nichts verloren. Jahrelang steigen so bei dem genannten Mädchen fortlaufend Trübnis und Bitterkeit in die Tiefe. Schließlich aber bilden diese aufgetürmten Unlustgefühle einen Komplex, d. h. bildlich: In dem feinen Spinnweb-Äthernetz, das Seele und Körper verbindet, bildet sich ein verwickelter Knäuel, welcher in der Tiefenseele eine Stelle aussondert, verdrängt, lahmlegt. 1943 wird dieses Mädchen mit 18 Jahren bei einem Bombenangriff bis zu den Hüften verschüttet. Sie wird sofort befreit, ist nicht verletzt, aber bis zum Oberkörper völlig gelähmt. Was war geschehen? Die Verschüttung war harmlos, aber der Schrei hat die seelische Lähmung aus dem Tiefenbewusstsein in den Körper hineingetrieben, also wiederum Wechselwirkung.

Kliniken und 12 Ärzte haben sich vergeblich um Heilung bemüht. Die Seele war stärker, vom Körper war daher eine Heilung nicht möglich, unsere moderne Medizin versagte.

Hernach vertraut sich die junge Dame dem bekannten Psychoanalytiker Carl Jung in der Schweiz an, wo das Mädchen durch eine einzige psychotherapeutische Behandlung vollkommen geheilt wird. Aber hier war es nicht die Methode des Gesundbeters Z. Wissenschaftler lehnen diesen direkten Gewaltangriff à la Dr. Eisenbart auf die Seele, den Aufruhr im Tiefenbewusstsein in Verbindung mit Suggestion, ab. Jung tastet in freundschaftlichem Erinnerungsgespräch ganz unauffällig das Unterbewusstsein ab. Ist die betroffene Stelle endlich gefunden, dann lässt er die Kranke nur über diesen Komplex reden. Stockt sie, so hilft er behutsam ein.

Was geschieht dabei? Das andere Ich sendet einen Gedanken nach dem anderen über die Schwelle des Bewusstseins nach oben. Bei jedem Satz wird Fädchen um Fädchen aus dem verwickelten Komplex-Knäuel gelöst und flott gemacht, und endlich ist in der Tiefenseele wieder alles in Ordnung und gleichzeitig dabei durch Wechselwirkung auch der gelähmte Körper gesundgefunkt.

Nun wird man verwundert fragen: Ja, warum tun das nicht alle Psychiater und alle unsere Schulmediziner? Antwort: Die Psychoanalyse gehört offiziell nicht in die moderne naturwissenschaftliche Medizin hinein, sie ist lediglich Grenzwissenschaft und dort ein Spezialgebiet.

Es gibt auf der Welt Millionen von Geigenspielern, aber nur ein paar wirkliche Künstler.

Der Einfachheit und Übersicht wegen habe ich nämlich vieles verschwiegen. Das Unterbewusstsein ist selbstverständlich viel komplizierter, als ich es dargestellt habe. Es ist umfangreich wie eine große Bibliothek, denn alle Eindrücke von Kindheit an werden dort aufbewahrt. Es hat viele Schichten und Felder. Typenlehre und Charakterologie, Gestaltpsychologie und experimentelle Psychologie usw. fallen dort hinein. Und wenn jemand nach einem Jahrzehnt schließlich diese höchst interessante Wissenschaft auch beherrscht, fehlt immer noch der Künstler.

Das traumhafte Sich-Einfühlen auf den Kranken, das vorsichtige Suchen, das selbstständige Redenlassen, das Umsteigen auf synonyme Felder - Schamgefühl, verletztes Ehrgefühl usw. reden nicht – darum mit Verschlüsselungen sich auf verwandten Feldern an die Komplexstelle heranpirschen, das verlangt Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen und Kunstgriffe ohnegleichen.

Nur Prädestinierte unter den großen Seelenforschern sind hier wirklich leistungsfähig, die andern bleiben Quacksalber.

Daraus aber geht hervor, wie weit die Behandlungsart des Gesundbeters Z. von dieser wissenschaftlichen Art sich unterscheidet, wie ungeheuer weit beide auseinanderklaffen, dass demnach Wissenschaftler die Methode Z. ablehnen, ist ganz klar, denn man hält es unter der Würde des Menschen, dass ihm ein fremder Wille aufgezwungen wird und man ist sich auch nicht sicher, ob Heilungen nach „Gewaltmethode Z.“ von Dauer sind.

Es drängt sich uns jetzt sofort die Frage auf:

  1. ob wohl der Heilparagraf dieses Gebiet „Grenzwissenschaft“, d. h. Heilungen über die Seele, überhaupt noch berührt, d. h., haben der Gesundbeter Z. und der Seelenforscher Prof. Carl Jung gegen den Heilparagrafen verstoßen? Meiner Meinung nach nicht, denn die exakte Medizin ragt in die Grenzwissenschaft nicht hinein. Sie hat ausschließlich naturwissenschaftlichen Charakter und bezieht sich definitiv auf die sichtbare Welt. Zwar haben der Gesundbeter Z. wie auch Prof. Jung im weitesten Sinn eine Heiltätigkeit praktiziert, jedoch auf einem Gebiet außerhalb unserer modernen Schulmedizin.
  2. Liegt das Gröning-Geschehenauf dieser soeben genannten ersten Ebene der Grenzwissenschaft? D. h., ist Gröning ein Partner von Gesundbeter Z. und Prof. Jung? Hier muss ich zur großen Überraschung und Enttäuschung aller seiner Widersacher und Feinde kategorisch feststellen, dass Gröning mit diesem Grenzgebiet des Heilens weder nach Methode 1), Z., noch nach Methode 2), Carl Jung, nicht das Geringste zu tun hat.

Das Gröning-Geschehen liegt nämlich auf der rein übersinnlichen Ebene, wo kein Heilparagraf hinreicht und wo keine Heiltätigkeit ausgeübt wird.

Ich will jetzt kurz darlegen, was ich in 1½ Jahren Forschungsarbeit um Herrn Gröning persönlich in seinen Gemeinschaften herausgefunden habe und was hinter den Begriffen „Wunderdoktor“, „Wunderheiler“, die oft in der Presse aufgetaucht sind, verborgen ist. Mir ging es darum, dieses Problem von der Wissenschaft her zu lösen, deswegen sind meine Darlegungen rein objektiv und nach bestem Wissen und Gewissen, unter Zuhilfenahme der aufsehenerregenden Tatbestände und der Ergebnisse der Wissenschaft, niedergelegt.

Wer ist Gröning?

Ich besuchte erstmalig im Sommer 1955 eine Gastversammlung in Rosenheim und bekam dabei erstmalig Kontakt mit Herrn Gröning. Sein Begleiter, ein gewisser Herr Schmidt, Heidelberg, sprach vorher ein paar einführende Worte, etwa folgende: „Es wird jetzt gleich Herr Gröning zu Ihnen sprechen. Wie Sie alle wissen, ist er kein gewöhnlicher Mensch, sondern besitzt übernatürliche Kräfte. Jeder empfängt davon, auch wenn dieser oder jener nichts spüren sollte. Einige werden plötzlich befreit, andere müssen länger warten, usw.“ Über der Versammlung lag eine glückliche, erwartungsvolle Stimmung, nicht wie vor einem Konzert oder Theater, sondern mehr ein feierlicher, verinnerlichter Ausdruck, wie vor der heiligen Handlung in der Kirche. Jeder war schweigsam in sich versunken, in Sammlung und Andacht vertieft. Es war gewissermaßen eine echt religiöse Einstellung, die Zuversicht und Geborgenheit verriet.

Jetzt tritt Gröning ein. Er spricht in einfachen, kurzen Sätzen über Gut und Böse. Er steht da mit verschränkten Armen, völlig passiv. Nicht das Geringste von heilender Tätigkeit ist zu bemerken. Diese passive Einstellung behält Gröning bis zum Schluss bei. Er spricht ruhig und gelassen, hält inne, stellt ab und zu eine Zwischenfrage, fährt langsam fort, geht auf die heutige Zeit ein, erwähnt die Bedrohung durch die Technik und die Atombombe, zeigt die Gefahren des Bösen auf und erklärt im Einzelnen, wie die Menschheit davon bedroht wird. Er bemerkt, wie Hass, Habgier und Neid Kriege vom Zaun brechen, wie das Böse uns alle zugrunde richtet. Dann macht er plötzlich eine längere Pause, mustert Reihe um Reihe eine Weile schweigend die Anwesenden. Dann greift er einen heraus und fragt ihn: „Was führt Sie zu mir?“ Der Angesprochene ist stutzig, so gibt Herr Gröning selbst folgende Antwort: „Nun, das Böse! Sie kommen doch her, um das Böse abzulegen. Wenn Sie sich nicht mit dem Bösen behaften, dann sind Sie frei und glücklich – also, weg damit! Erst wenn Sie mit Gott verbunden sind, dann sind Sie geborgen. Das ist aber sehr einfach. Legen Sie ab: Hass, Neid, Habgier, Stolz, Lüge und Klatschsucht, Betrug, Hartherzigkeit. Werfen Sie hinaus all das Böse und Sie werden verbunden mit der göttlichen Kraft! Dann erst ist Ihr Seelenleben gesund, denn Sie stehen ja in Verbindung mit Gott. Dann ist auch Ordnung in Ihrem Körper. Wo Gott ist, gibt es keine Disharmonie. Schauen Sie doch hinauf in den Sternenhimmel, betrachten Sie doch die Schönheiten der Natur!

Alles ist doch so kraftstrotzend und gesund, weil es mit der göttlichen Kraft in Verbindung steht. Dort gibt es keine Krankheit. So auch bei Ihnen, wenn Sie sich mit der göttlichen Kraft verbinden. Bewundern Sie doch die Schönheit und Herrlichkeit der Blumen und Pflanzen. Ja, welche große Gesundheit überall! Viel mehr davon kriegt der Mensch ab, wenn er nur gut ist und will, denn er ist ja die Krone der Schöpfung! Alles wird ihm geschenkt mit vollen Händen, wenn er sich von dem Bösen trennt, wenn er gottgläubig und gut ist, wenn er natürlich lebt und sich nicht mit der Sünde behaftet. Ich bringe Ihnen das Gute. Ich gebe Ihnen die göttliche Kraft. Nicht aus mir selbst. Ich stehe unter Befehl. Ich muss es tun. Ich kann nicht anders. Aber danken Sie mir nicht. Ich bin ganz klein, ich bin Ihr Schüler, nicht Sie. Sie sind meine Lehrer. Ich heile nicht. Als Werkzeug, als Mittelsmann gebe ich an Sie göttliche Kraft ab. Bitte, bedienen Sie sich! Es liegt ganz an Ihnen, wieviel Sie davon empfangen. Jeder erhält so viel, wie er gerade verdient, d. h. wie weit er an Gott glaubt und auf das Gute eingestellt ist.

Wer sich abschließt, ins Böse steuert, kann die göttliche Kraft nicht erhalten. Dem kann auch nicht geholfen werden. Ich bin zu Ihnen gekommen und biete Ihnen allen diese übersinnliche Kraft an, aber eine wirkliche Chance haben nur die Guten. Die Zweifler, die Skeptiker, die Feindseligen schließen sich selbst aus. Ich bin auch diesen Menschen nicht böse. Ich hasse nicht, denn ich behafte mich nicht mit dem Bösen. Ich will jedem von Ihnen das Heil bringen, weil ich eine Mission zu erfüllen habe. Ich selbst aber verdiene keinen Dank, danken Sie dem da oben! Ich bin ja nur sein kleiner, armer Diener.

Ich habe diese Kraft nicht aus mir. Sie fließt mir zu. So bin ich bloß angeschlossen an diese göttliche Kraftquelle.

Nicht ich heile! Es heilt nämlich das Große, Allmächtige über mir. Ich bin geladen. Wenn Sie sich gläubig bedient haben, sind Sie jetzt auch geladen. Was spüren Sie denn, beobachten Sie Ihren Körper!“

Es folgen Antworten:

Die 1. herausgegriffene Person berichtet: Wärmegefühl im Körper!

Die 2. herausgegriffene Person berichtet: Zucken in den Händen!

Die 3. herausgegriffene Person berichtet: Kribbeln im ganzen Körper!

Die 4. herausgegriffene Person berichtet: Ich fühle mich so frisch und wohl!

Die 5. herausgegriffene Person berichtet: Ich habe plötzlich keine Kopfschmerzen mehr!

Herr Gröning springt hier ein und moniert: „Sie behaften sich ja wieder mit dem Bösen. Wenn die übersinnliche Kraft Ihnen geholfen hat, dann rufen Sie doch nicht die Krankheit an! Sie behaften sich ja mit dem Bösen von neuem.

Und in dieser Weise ging es 2 Stunden 35 Min. in einem fort. Kein Wort über Krankheitssymptome, keine Diagnose, keine Verhaltungsmaßnahmen, kein Streichen, Massieren, keine Arznei, keine Tees, kein Kräutlein wurde verordnet. Kein Angriff, wie Gesundbeter Z. mit donnernden Worten auf die Tiefenseele, keine indirekte Seelentherapie nach Carl Jung, kein Aufspüren nach seelischen Komplexen, keine Atemkur, keine Kneippkur, auch keine Suggestion oder Hypnose. Diese Verfahren lehnt Gröning von vornherein als Teufelswerk ab. Völlig passiv steht dieser Mensch als Gottgesandter da und vermittelt seinen Mitmenschen die göttliche Kraft. Er steht da als Medium einer höheren Macht und bittet die Anwesenden, sich zu bedienen. Ich war einfach erschlagen und dachte immer wieder an die Worte des Kapuziner-Mönches in der Rosenheimer Klosterkirche: „Die Wunderheilungen Grönings erinnern an das Neue Testament und sind nur auf übersinnliche Weise zu erklären.“ Gröning selbst hat mit dem Heilparagrafen, überhaupt nichts zu tun. Sobald man in diesem Punkt Anklage erhebt, klagt man den Herrgott selbst an. Was er wirklich tut,
d. h., wo er in Tätigkeit tritt, ist Apostelgeschichte. Er hält Glaubensvorträge. Er tröstet, mahnt, richtet auf, bringt Frieden und Ruhe für die Menschen in Gott.

Das ist seine wirkliche Tätigkeit. Kann man ihn deswegen bestrafen? Müsste man denn nicht jeden Seelsorger, d. h. jeden Pfarrer, der Krankenbesuche macht, der aufrichtet und tröstet, auch unter Anklage stellen? Wie oft werden da Kranke beim Spenden der kirchlichen Gnadenmittel wieder gesund, wenn Gott ihnen übersinnliche Kräfte zukommen lässt. Kein demokratischer Staat darf eine solche seelsorgerische Hilfe verbieten.

Am Schluss dieser Versammlung kamen von verschiedenen Seiten an Herrn Gröning noch Anliegen für Unglückliche daheim. Immer, wenn bei dieser Angelegenheit eine Krankheit genannt wurde, wies Herr Gröning die Bezeichnung von Krankheiten zurück und fügte hinzu: „Mit solchen Dingen befasse ich mich nicht, diese Bezeichnungen gehören der Medizin, sind Aufgaben für den Arzt. Auf dem Gebiet habe ich nichts zu suchen. Ich stelle eben nur fest, dass Sie sich eben mit dem Bösen behaften. Sie brauchen mir überhaupt nichts Trauriges anzuvertrauen. Ich sehe im Geist, was Ihrer Tochter - Sohn - Vater usw. fehlt, im Grunde genommen doch die Hilfe Gottes. Glauben Sie selbst fest, geben Sie diesen Glauben Ihrer Tochter, halten Sie fest am Guten, öffnen Sie sich der göttlichen Kraft! Ich gebe Sie Ihnen mit und alles wird gut.“

Ich fragte nach der Versammlung mehrere Teilnehmer nach ihren persönlichen Erfolgen. Zwei bestätigten, dass sie von unheilbaren Krankheiten, Asthma und Lähmungen, plötzlich geheilt worden sind. Mit recht starken Vorurteilen war ich in die Versammlung gegangen und nahm nun folgende Überzeugung mit nach Hause:

Das Gröning-Wirken ist keine Spiegelfechterei, keine marktschreierische Angelegenheit, keine Quacksalberei auf medizinischem Gebiet. Es ist zunächst eine sittlich gute Tat, ein Aufbegehren gegen unsere materialistische, seelenlose, egoistische, liebeleere, atheistisch bestimmte Zeitepoche.

Und trotzdem wird ihm nachgestellt, da ist der Gesundbeter Z. besser dran. Warum misst man hier mit zweierlei Maß, obwohl Gröning als übersinnliche Erscheinung hoch erhaben über dem Gesundbeter Z. steht und mit diesem erst gar nicht verglichen werden kann. Schon nach kurzer Bekanntschaft erkennt man, dass Gröning irgendwie unter dem Befehl einer höheren Macht steht. Sein Auftreten erinnert an das Wirken der Apostel, wie an die ersten Glaubensboten in unserem Vaterlande. Auch Herr Gröning streut, wie jene, Samen in die Herzen Gutwilliger, um so ein solides Fundament für eine sittlich-religiöse Erneuerung zu legen. Er will hineinführen in eine humanere Welt, wo Friede und Ruhe in Gott herrschen.

Er ist kein konfessioneller Missionar, sondern der große Mystiker. Mystik kommt her aus dem Griechischen und heißt „geheim“. Gemeint ist die geheime und direkte Verbindung der menschlichen Seele mit Gott. Die Mystik sieht demnach den Kern des Religiösen in engster Gottverbundenheit.

Immer, wenn die göttliche Ordnung nicht mehr im Mittelpunkt des menschlichen Daseins stand, wie heute bei uns, fanden sich Begnadete, die zur Besinnung und Rückkehr zum Allmächtigen aufriefen. Für solch eine Sondererscheinung halte ich Herrn Gröning.

In den nächsten beiden Gemeinschaftsabenden wurde diese meine Auffassung noch wesentlich bestärkt. Bei Aufbruch nahm ich mir die Freiheit, Herrn Gröning persönlich auszufragen, was mir durch Abwehrzeichen der Umstehenden verwehrt werden sollte, weil Herr Gröning über seine außergewöhnliche Veranlagung und grundsätzlich nicht spricht, oder nur sehr ungern Aufschluss gibt.

Ich fragte, ob er Privatstudien treibe, da seine einfachen Vortragssätzchen oft wissenschaftliche Ergebnisse enthielten.

Er antwortete: „Ich brauche keine Bücher, mir fällt das zu.“ Und überhaupt: ”Der Mensch kann ja gar nicht denken!“, fügte er hinzu. Die Gedanken kommen doch von ganz alleine, auch über ganz unbekannte Dinge. Sie werden doch ohne unser Zutun gegeben! Er begründete durch folgende Beispiele: „Ich wusste Jahre vorher, dass der letzte Krieg für uns verloren war.“ Ich hörte, auch immer wieder, wenn er zu den Bittstellern sprach: „Seien Sie doch still, ich weiß doch sowieso was Ihrem Schützling fehlt und vielleicht noch viel genauer, als wie Sie es überhaupt ahnen!“ So kreuzen sich hier doch ganz deutlich die Wege. Wir bleiben die gewöhnlichen, natürlichen Menschen, er aber der ganz auffällig übernatürliche Mensch, der Sonderfall, der Gottbegnadete, die zu respektierende Ausnahme.

Von Bedeutung war mir auch folgende Aussage: „Ich kann die Hilflosen nicht im Stiche lassen. Ich habe einen zwingenden Auftrag. Mein Gewissen treibt mich. Ich muss allen Unglücklichen helfen, ich kann nicht anders.“ Daraus ergibt sich: Es ist schon so, wie ich bereits eingangs erwähnte. Herr Gröning arbeitet nicht nur wie wir mit dem Oberbewusstsein, sondern besitzt eine ganz seltene Fähigkeit. Er ist im Unterbewusstsein durch das andere Ich, durch die Tiefenseele in Intuition mit einer allmächtigen Kraft, wie einst die Propheten, direkt verbunden.

Ich stochere dabei nicht mit der Stange im Nebel herum, sondern beziehe mich auf einen sehr angesehenen Theologen unserer Zeit, einen Gelehrten von ganz großem Format, Herrn Univ.-Prof. Dr. Schmaus, München. Wenn man seine epochemachenden Bände seiner wissenschaftlich streng begründeten Dogmatik aufmerksam durchgeht und oft seine Vorträge gehört hat, erkennt man leicht den Unterschied zwischen einem Genie und intuitiver Gottverbundenheit. Ein begabter Dichter beispielsweise arbeitet autoritär, er schöpft sein Gedankengut aus seinem Genie, seiner Anlage, also direkt, er ist streng aktiv tätig. Der Prophet hält nur die Feder und die Gedanken werden ihm durch eine höhere Machte hineindiktiert. Er ist passiv, betont passiv. Ganz genau so Bruno Gröning. So empfingen auch die Apostel am Pfingstfest ihre Fähigkeit, fix und fertig in fremden Sprachen zu reden, aber doch auf keinen Fall durch ihr Genie, sondern einzig und allein durch Intuition.

So aber empfängt auch Herr Gröning seine Gedanken und seinen Auftrag ebenso direkt von einer höheren Macht. Er ist doch ein einfacher Mann mit Volksschulbildung, der nie daran gedacht hat, Privatstudien zu betreiben. Wie könnte er denn übersinnliche Tatbestände von solch unerhörtem Ausmaß schaffen!

Er ist ein Meister inneren Seelenlebens, ein Kenner der Tiefenseele, nicht durch Studium, sondern durch direkte Verbindung mit der übersinnlichen Welt. Er schafft das Gute und bekämpft das Böse. Und wenn wir dem Gröning-Geschehen gerecht werden wollen, müssen wir die materialistische Denkweise ablegen.

Wir müssen hier bewusst ein religiös-geistiges Denken einsetzen. Wir müssen eine geistige göttliche Welt anerkennen. Wir müssen die Tatsache bejahen, dass Herrn Gröning aus einer höheren, göttlichen Welt, übersinnliche, göttliche Kräfte zufließen, die er, trotzdem er sich völlig passiv verhält, laufend ausstrahlt. Darum sagt er ja in jeder Gemeinschaftsstunde: „Ich tue nichts. Es heilt die göttliche Kraft!“

Voll und ganz wurde ich davon in der letzten Versammlung im Oktober 1956 überzeugt. 4 – 5 Meter von Herrn Gröning entfernt steht ein Mann von über 30 Jahren. Herr Gröning verfährt wie gewöhnlich und fragt ihn, ob er göttliche Kraft aufnähme. Er bejaht. Herr Gröning fragt nochmals, ob er noch mehr haben möchte. Der Angesprochene bejaht und Herr Gröning erwidert ihm: „Bitte, nehmen Sie sie nur. Bedienen Sie sich!“ Im selben Augenblick wird dieser Mensch unruhig und lebendig. Der Zustand steigert sich merklich mehr und mehr, bis der Körper durcheinandergeschüttelt wird, so etwa 5 – 7 Minuten. Gröning lässt ihn gewähren und fragt ihn am Schluss nach seinem Befinden. Er antwortet, dass ein wunderbares, wohliges Gefühl seinen Körper durchziehe und er sich so leicht und befreit befinde. Gröning ruft ihn darauf nach vorn, lässt wie aus Versehen seinen Schlüsselbund fallen. Der Betreffende bückt sich völlig schmerzfrei und hebt es ohne Schwierigkeit auf. So ein 2. und 3. Mal und zwar abwechselnd mit der linken bzw. rechten Hand. Ich fragte den Menschen später nach seiner Krankheit. Er gestand mir, dass er schwer kriegsbeschädigt war, sich überhaupt nicht bücken konnte und wegen einer Verletzung der Wirbelsäule an 2 Stöcken ging und fast ganz gelähmt war. Ärzte und Klinikbehandlung konnten ihm nicht helfen. In seiner Verzweiflung suchte er durch Suggestion, Hypnotiseure und Magnetiseure Hilfe und alles war umsonst. Einzig und allein Herr Gröning konnte ihm helfen. Er ist jetzt verheiratet und geht voll und ganz seinem Beruf nach.

Dann hat Herr Gröning vor etwa ½ Jahr einer Frau die volle Gesundheit wiedergegeben, wo der behandelnde Arzt durch Laboruntersuchung Bauchspeicheldrüsenkrebs feststellen ließ und bescheinigt hat, dass diese Patientin durch Herrn Gröning von dieser Geißel befreit wurde. Bei einer Frau in Oberitalien war eine Unterleibskrankheit bereits soweit in Fäulnis ausgeartet, dass die Klinik diese Todeskandidatin nach Hause schickte, mit dem Bemerken zu den Angehörigen, dass sie nur noch einige Tage zu leben hätte. Durch Herrn Gröning wurde ihr der unauffassbare Erfolg beschieden, dass sie heute wohlauf ist.

Dann aber noch die Fernerfolge bis 14.000 km nach Übersee, bis nach Brasilien und nicht zuletzt hundert andere Beispiele. Ganz zuletzt aber ein Ereignis, das mich völlig verwirrte. Ein Radioapparat, welcher auf einen Plattenspieler eingestellt war, aber sich nicht in Tätigkeit befand, stand im Versammlungsraum. Da geschieht das Unerklärliche: Herr Gröning schaltet den Apparat durch Auflegen der Hand oben auf die glatte Holzfläche auf die Radiosendung ein. Auf dieselbe Art schaltet er den Apparat nach einiger Zeit wieder aus und wiederholt dieses Experiment zu meinem allergrößten Erstaunen. Frau Baronin Ebner v. Eschenbach, Bad Tölz, die neben mir saß, bestätigte mir, dass Herr Gröning tatsächlich die Materie beeinflussen kann. Sie sei dabei gewesen, wie bei einer größeren Versammlung eine Reporterin mit dem Fotoapparat auftauchte in dem erleuchteten Saal. Herrn Gröning stört dieses Gebaren und so versagt die Blitzlichtlampe den Dienst. Die Reporterin geht in den Saal und macht einen 2. Versuch, wiederum der gleiche Misserfolg. Der Reporterin wird das Spiel unheimlich. Sie ist völlig verwirrt. Aber die Versammlung ist bereits nahe am Schluss und Herr Gröning bemerkte: „Jetzt bin ich einverstanden, jetzt können Sie Ihre Aufnahme machen!“ Und dann geht alles glatt.

Ich fragte Herrn Gröning über diese übersinnliche Fähigkeit aus. Er nannte mir noch eine ganze Reihe solcher Vorkommnisse, fügte aber hinzu, dass er solche übersinnlichen Handlungen nur ausnahmsweise vornähme, um die Glaubenskraft zu stärken, niemals aber, um nur Neugierde zu befriedigen, auf keinen Fall aber auf Kommando. Das darf er auch gar nicht, weil das gegen sein Gewissen sei. Er hat den Auftrag, nur in göttlichem Sinne zu wirken und muss sich korrekt verhalten. Er könnte mir noch viel mehr sagen, was mich aber nur verwirren würde. Grade Wissenschaftler wären die allergrößten Skeptiker und könnten ihm am schlechtesten folgen.

So geht aus meinen Darlegungen folgendes ganz klar hervor:

  1. Gröning ist der große Mystiker und durch die Tiefenseele mit der übersinnlichen Kraft direkt verbunden. Er kennt die Kraft des Guten und weiß um die Macht des Bösen. Er hat als göttlichen Auftrag die Aufgabe, das Gute in die Menschheit hinein zu tragen, sie zur Gottesnähe zu führen, die Welt zu erneuern. Deshalb hält er Glaubensvorträge, die stets über 2 Stunden dauern, Vorträge, wie der bekannte Pater aus Amerika sie hält, wie die Zeltmission sie ausführt, die sogar von städt. und staatl. Behörden dafür eine Unterstützung erhält und noch dazu einen kleinen Eintritt erhebt. Ich verstehe nicht, warum man Herrn Gröning nicht das gleiche Recht gewährt.
  2. Es durchströmen ihn phänomenale Kräfte, die nicht in seine Natur hineingeboren sind, sondern die ihm laufend aus einer übersinnlichen Welt zufließen. Es muss also festgehalten werden, dass ohne sein Bemühen, ohne besondere Einstellung, diese heilende Kraft ihn wieder verlässt. Er selbst ist völlig passiv. Er selbst wirkt wie ein Transformator, wie ein elektrischer Leitungsdraht. Ohne sein Zutun werden Heilungssuchende aufgeladen, sie empfangen den Strom. Er fragt nie nach einer Krankheit, gibt nie Anweisungen.

Bruno Gröning ist ein Sonderfall, seine Heilungen liegen völlig abseits von jeder üblichen Heilpraxis. Er ist lediglich Werkzeug einer höheren Macht, eines höheren Willens. Er ist ein Sprachrohr zwischen uns und dem Jenseits, wie einst die Propheten, und er kann sich diesem übersinnlichen Schicksal nicht verweigern noch entziehen, auch wenn das ganze Strafgesetzbuch ihn bedroht, denn er kann den Heilparagraf nicht anerkennen, weil er den übersinnlichen Heilstrom nicht abstellen kann, noch darf.

Stellen wir uns beispielsweise Herrn Gröning als Angeklagten in der Gerichtsverhandlung vor. Alle empfangen dann im Gerichtssaal von seiner Heilkraft, sogar die Herren Richter, auch wenn sie es nicht merken und würden bei Heilverbot von diesem Menschen Verbotenes entgegennehmen und sich sozusagen mit strafbar machen, was sie selbst durch ihre Verurteilung heraufbeschworen haben, und das ist das Groteske. Ein Urteil, das wie ein Bumerang auf den Schützen zurückfliegt. Sehen wir uns zum leichteren Verständnis Herrn Gröning als eine Höhensonne an, die der große, allmächtige Arzt da droben uns allen anbietet. Durch sie hindurch spendet er uns Heilstrahlen für unseren Körper und unsere Seele.

Die Gottgläubigen, die Gutgesinnten, die Wünschenden erhalten die größte Stärkung. Die Neutralen, die Wankelmütigen weit weniger. Nur die Feindseligen, die Widersacher, die sich gleichsam wie durch eine bösartige Scheidewand abschirmen, empfangen nichts.

Sagt doch auch Christus: „Gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen!“, oder: „Sündige nicht, damit dir nichts Schlimmeres widerfahre!“

Ja, aber warum nur dieser „Wundermann“? Warum dieses „Phänomen Gröning“? Die Umwelt betrachtet das Gröning-Geschehen so im täglichen Rahmen, so aus einer Froschperspektive heraus, und das ist grundfalsch. Ein so seltenes Vorkommnis wie das Gröning’sche muss man von einer höheren Warte aus beurteilen. Es muss hinter einem so überirdischen Ereignis doch ein wichtiger Sinn verborgen sein. Ich hole mir aus dem historischen Ablauf Rat. Wir haben heute bereits mehr als ein Dutzend Geschichtsauffassungen. Ich erwähne nur die idealistische. Diese besagt, der Übermensch macht Geschichte; das gerade Gegenteil dazu, die materialistische Einstellung, die da behauptet, die Schaffenskraft der Masse, das tägliche 100%ige Arbeitspensum treibt die Geschichte vorwärts. Und drittens, die biologische Auffassung. Ich denke dabei an Oswald Spengler mit seinem Werk: Untergang des Abendlandes. Gesetzmäßig ist diese letzte Schau die zuverlässigste. So war logisch-mathematisch gesehen, 1949/50 unser Schicksal besiegelt. Blutrot leuchtete im Osten der Himmel und stark voller Waffen! Unser Westen und die übrige Welt hatten total abgerüstet. Und da geschah hinter dem geschichtlichen Vorhang das große Wunder: Der Kreml wandte sich – Gott sei Dank – nach China und Korea, und wir waren vorerst gerettet. Wer aber hat dieses Wunder bewirkt? Niemand anders als die göttliche Vorsehung. So weiß ich als gläubiger Christ, dass hinter der geschichtlichen Entwicklung ein göttlicher Plan steht, d. h., die göttliche Vorsehung waltet. Ich beziehe mich dabei zugleich auf den sehr bekannten Univ. Prof. für Geschichte, Herrn Dr. Thieme.

Passt nun unsere heutige Zeit in diesen göttlichen Plan hinein? Wie sieht´s aus? Existenzphilosophie, Atheismus, Materialismus. Professor Guardini und andere Philosophen sehen das seelische Klima der Welt etwa so: Eine große, starre Eiswüste, wo man rücksichtslos über Leiden hinwegschreitet. Wegen ein paar Kanalaktien steht der Weltkrieg vor der Tür und bei einem Aufschrei nach Freiheit und Menschenwürde muss ein ganzes Volk in Terror und Blut ersticken. Welch ein Meer von Tränen, welch ein Abgrund von Dämonie! Welch eine harte, furchtbare, grausame Zeit! Da schickt uns die göttliche Vorsehung einen Boten, so einfach und schlicht und doch so gewaltig in seiner Reklame, dass er allgemein als „Wundermensch“ auffällt. Jeder soll und muss auf ihn aufmerksam werden. Und dieses Phänomen kommt in unsere heutige Finsternis hinein. Von Schleswig-Holstein bis zum Bodensee reist er umher, steckt überall ein Lichtlein auf, erwärmt die Herzen, wirkt Heilwunder auf Heilwunder auf indirekte Art, eben durch seine Gegenwart, und arbeitet so am Umbruch unserer finsteren Welt und weist auf eine lichtere hoffnungsreiche, menschenwürdigere Zukunft hin. Und den verfolgt man und stellt ihn - wie einst Christus - vor Gericht.

Hier wird mir ernsthaft bange. Ich denke da an einige Richtlinien im „Mythos des 20. Jahrhunderts“, wo man weder Gott noch den Teufel fürchtete und dann kam alles so urplötzlich und unser ganzes Volk war in den Abgrund geschleudert worden.

So frage ich recht besorgt: „Darf man auch nur indirekt die Hand gegen unseren Herrgott erheben?“ Er hat uns unverkennbar dieses Zeichen gesandt. Warum lässt man diesen Menschen nicht gewähren? Einfach und primitiv und ohne höhere Bildung vermag er dasselbe, was in Lourdes geschieht, göttliche Zeichen, vor denen selbst eine internationale Ärztekommission sich demütig verbeugt. Dasselbe zeigt Gröning in Hunderten von Beispielen auf. Wundertaten, die mit Einschränkung an Christus selbst erinnern. Wir werden doch über diesen seltenen Menschen vom Jenseits aus ganz deutlich angesprochen, das fühlt doch ein Blinder mit dem Stock, wie der Volksmund sich ausdrückt. Welch ein Mensch ist denn enger mit der übersinnlichen Macht verbunden und schaut klarer in das Antlitz einer verklärten Welt? Wenn wir als Christen aber den kategorischen Imperativ ad acta legen und das Übersinnliche abweisen, warum feiern wir dann noch Weihnachten - Ostern - Pfingsten? Und wenn wir die göttliche Vorsehung aus dieser Welt ausschalten, dann hängt doch der Himmelsdom wie eine bleierne Glocke über uns, und zynisch und grausam rollt teilnahmslos ein dämonisches Schicksal über uns hinweg.

Wie ist das nun zu erklären, dass ein völlig Schuldloser, ein Gottbegnadeter angeklagt ist?

  1. Das liegt an unserer Rechtsordnung. Ich bin wohl ein Freund der Antike, aber eins steht doch fest: Die alten Römer haben ihr Weltreich zusammengeraubt. Diesen Raub haben sie dann durch Gesetze verteidigt, sodass sie den Paragrafen über den Menschen stellten. Bei unserer heute noch römischen Rechtsgrundlage verhält es sich nicht anders.

    Oft geschieht es, dass Richter sagen: Nach menschlichem Empfinden tun Sie mir leid, aber der Paragraf bindet mich.

    Hier aber verliert der Heilparagraf seinen Herrschaftsanspruch voll und ganz, denn die exakte Wissenschaft, die moderne Medizin schließt mit dem empirischen Wissensbereich ab, sie reicht nie ins übersinnliche Gebiet hinein. Demnach stützt sich die Anklage auf Spiegelfechterei und ist weiter nichts als eine Scheinkonstruktion. Somit fällt die Anklage in sich selbst zusammen, denn sie muss sachlich gerügt werden.
  2. Das deutsche Volk ist anzeigefreudiger als Völker anderer Länder. Die Laienrichter konnten bei der Entnazifizierung gar nicht alle freiwilligen Belastungszeugen annehmen, so viele drangen heran. Wie kommt das? In Deutschland fließen 6 Rassengruppen zusammen, 3 verschiedene Landschaften: Nord als Tiefland, das Mittelgebirge und Süddeutschland als Hochland schaffen 3 weitere Menschentypen, und die Mainlinie trennt uns konfessionell. So stellen sich 10 Naturgesetze gegeneinander. Einmal ein großes Plus, Großleistung auf allen Gebieten, andererseits aber die furchtbare Schattenseite: Uneinigkeit und Hader sind historische Tatsachen; quicklebendig bleibt das Denunziantentum bei uns. Seit 2000 Jahren keine wirkliche Einigkeit. So sucht man gern den Elefanten mit einer Lupe nach einem Floh ab und auf diesem Kleininsekt fliegt dann die Anzeige hinaus.
  3. Die Belastungszeugen haben sich verirrt, denn sie werden im Fall Gröning überfordert. Täglich leben die Menschen ausschließlich in einer Welt der Anschauungen. Sie finden sich noch auf dem abstrakten Gebiet der Einzelvorstellungen zurecht. Nun soll aber ein Durchschnittsmensch einmal einen Gegenstand begrifflich bestimmen, z. B.: Was ist eine Zeitung? Was ist ein Gemälde? Er wird bestimmt versagen. Wie aber soll ein gewöhnlicher Mensch sich auf dem mystisch-übersinnlichen Gebiet Gröning zurechtfinden? Wenn man sich nicht Rat bei der Wissenschaft holt und über der Sache steht, versagt man. So predigt Herr Gröning in jeder Versammlung immer wieder: „Ich heile nicht! - Es heilt, d. h. die göttliche Kraft“. Und trotzdem sagen selbst seine engen Freunde aus der Gemeinschaft: Was redet er da? Er hat mich doch gesund gemacht. Diese Menschen sehen Herrn Gröning und denken zurück an ihre Krankheit und das Auge gibt den Ausschlag.

Unter diesem Aspekt leisten dann natürlich auch Grönings Gegner freiweg den Belastungseid, d. h. in der Sache falsch, dem Gewissen nach in Ordnung. So hätten alle Erdenbewohner vor Kopernikus geschworen, die Sonne bewege sich um die Erde. Das ist ein relativer Belastungsschwur. Die Einstein’sche Relativitätstheorie bezieht sich ja auf alle Gebiete des Lebens, so auch auf die Justiz. Solch ein Eid aber ist null und nichtig, denn er steht hart auf Messers Schneide zwischen Plus und Minus, so als ob ich 10.- DM bei mir habe und gleichzeitig 10.- DM Schulden. Beides hebt sich auf und die Null bleibt übrig. Außerdem spielt die Fragenstellung eine ganz bedeutende Rolle. Zunächst einmal wird bei dieser mystischen Angelegenheit an der Tatsache vorbeigefragt und andererseits ist der Befragte ja gar nicht im Bilde. Es wird aber durch solch eine Überforderung ein wirrer Knäuel geknüpft, das sich kaum noch lösen lässt, es sei denn, dass die Belastungszeugen nach gründlicher Aufklärung zurückschwören. Das ist die Richtung, in welcher ein völlig Unschuldiger verurteilt werden kann.

Für diese Überforderung ein Beispiel: Eine Person aus Rosenheim sagte mir anfangs Dezember: Ich wollte doch für Herrn Gröning zeugen und nun bin ich als Gegenzeugin aufgestellt. Ich weiß nicht, warum! So weit also geht die Verwirrung. So muss die Anklage nach Punkt 3 auch verfahrensmäßig gerügt werden, weil alle Entlastungszeugen praktisch ausfallen. So hat das Verfahren gegen Herrn Gröning überhaupt keine Grundlage mehr. Nach Punkt 1 ist es unsachlich und muss gerügt werden. Nach Punkt 3 ist es auch verfahrensmäßig abzulehnen, sodass die Anklage wie ein Kartenhaus in sich selbst zusammenstürzt.

So lernte ich Bruno Gröning kennen und habe mich redlich bemüht, die Gröning-Rätsel zu lösen. Ich könnte noch viel mehr Einzelheiten und Erkenntnisse hinzufügen, sehe aber davon ab, ein dickes Buch zu schreiben. Kurz gesagt, müssen wir alle, Wissenschaft, Medizin und Staat, Herrn Gröning, diesem Philanthropen, recht dankbar sein und ihm den Weg für sein Wirken willig freimachen.

           
Ich fasse zusammen

Die gewaltige Zahl von unfassbaren Wundererfolgen und meine Darlegungen ergeben über die Person Gröning folgendes klares Bild:

 

  1. Gröning ist ein außergewöhnliches Phänomen, wissenschaftlich nicht zu erfassen.
  2. Er ist ein Transformator übersinnlicher Kräfte und demnach ein Werkzeug einer höheren Macht.
  3. Eine Heiltätigkeit kann ihm nicht nachgesagt werden, da er sich rein passiv verhält.
  4. Die Wundererfolge besorgt er nicht direkt, sondern indirekt, als ein von Gott bestimmtes Medium, daher hat sein neutraler Stillhaltezustand mit Heilpraxis im gewöhnlichen Sinne nichts zu tun.
  5. Nicht er verfügt, sondern es wird über ihn verfügt.
  6. Er steht  wie einst die Propheten und Apostel – unter einem unentrinnbaren Gewissenszwang, seine göttliche Sendung, seine Mission erfüllen zu müssen.
  7. Er kann verglichen werden mit Sokrates, Jeanne d'Arc, Gandhi und Albert Schweitzer, da auch er sich ganz dem Wohl der Allgemeinheit opfert.
  8. Er ist eine mystische Erscheinung, ein Übermensch, der sich durch seine göttliche Sendung und Wundererfolge bereits heute ein Denkmal in der Geschichte gesetzt hat, aber – wie so viele vor ihm – eine recht tragische Gestalt, denn er wird von seiner Umwelt verkannt, gehetzt, verfolgt, befeindet.
  9. Er steht als ganzer, aufrechter Mann hinter seinem Werk, lebt einfach und bescheiden, mehr dem Irdischen abgewandt, in seiner mystischen, uns fremden Welt. Er wird daher von unaufrichtigen Menschen derb ausgenutzt, und die Segnungen seines Werkes werden von seinen Widersachern gemein entstellt.
  10. Bei seiner Gottesnähe kennt er keinen Hass und verzeiht großmütig seinen Feinden, darum behalten diese immer wieder Oberwasser, weil er in seiner Nächstenliebe die Verleumder gewähren lässt, ohne sie gebührend in die Schranken zu weisen.
  11. Als der große Meister der Intuition weiß er um die Macht des Guten wie auch des Bösen, leidet lieber Unrecht, um dadurch zum Ausdruck zu bringen: „Wer einem seiner Brüder nicht verzeiht, dem wird der himmlische Vater auch nicht verzeihen.“
  12. Unter persönlicher Aufopferung sucht er die Herzen seiner Mitmenschen für das Gute zu erwärmen, sie gottgläubig auszurichten, sie für Humanität und ideale Lebensauffassung zu gewinnen und ihnen die Richtung zu weisen für eine bessere, lichtvolle, christlich aufgeschlossene Zeit, Gott zu Ehren, den Menschen zum Heil.

Das wäre so die Gestalt unseres verkannten Mitmenschen Bruno Gröning, wie meine 1½-jährige objektive Forschung es ergeben hat.

Zum Schluss fühle ich mich noch veranlasst aufzuzeigen, was Gewissen und Rechtsempfinden mir diktieren:

  1. Unsere heutige moderne, naturwissenschaftlich bestimmte und staatlich sanktionierte Medizin endet auf empirischem, d. h. sichtbarem Gebiet. Das Gröning-Geschehen setzt sich scharf davon ab, denn es liegt ausschließlich im übersinnlichen Raum. Eine solche Ausweitung des Strafgesetzes bis ins Jenseits hinauf hat der Gesetzgeber niemals im Auge gehabt. Das wäre ja Vermessenheit und Beleidigung gegen den Allerhöchsten. Gröning steht vergleichsweise da, wo Priester die Gnadenmittel der Kirche ausspenden. Konsequenterweise müssten dann die Geistlichen, die durch das allerheiligste Sakrament des Altares und der letzten Ölung so oft auf dem Totenbett noch Heilung bringen, auch unter den Heilparagrafen gestellt werden, demnach kann dieser Paragraf auch auf Herrn Gröning gar keine Anwendung finden. Gleiches Recht für alle! Das fordert Justitia. Andererseits ist Bruno Gröning Gott gefolgt, hat das Hauptgebot der Nächstenliebe erfüllt. In einem christlich-demokratischen Staate müssten die 10 Gebote doch den Vorrang haben. Hat man doch schon als kleiner Bub im Religionsunterricht lernen müssen: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen! Und wer sich bei Gott Lohn erwirbt, kann doch deshalb nicht vom Gericht verfolgt werden.
  2. Herr Gröning hat das Grundgesetz hinter sich. Er hat den Paragraf für sich in Anspruch genommen, der jedem von uns Freiheit und Entwicklung seiner Persönlichkeit garantiert. Wehe uns, wenn nicht jeder als aufrechter Staatsbürger um dieses Recht ringt, sonst kann Menschenwürde bald wieder begraben sein. Denken wir nicht noch alle mit Schrecken an die Terrorzeit zurück: MACHT GEHT VOR RECHT! Du bist nichts, dein Volk ist alles!
  3. Seine ihm zufließende, göttliche Wunderkraft – ein einmaliges übernatürliches Geschehen – ist Grundzug seines Wesens, gehört zu seiner zweiten Natur. Nehmen wir dem Künstler das Instrument, dem Chemiker das Labor, dem Fisch sein Lebenselement, das Wasser, und wir richten alle zugrunde. Darf man aber wegen eines toten Paragrafen einen Menschen zugrunde richten?
  4. Herr Gröning verfügt nicht über sich selbst. Er hat eine Berufung, eine Mission zu erfüllen. Eine innere Stimme zwingt ihn zu dieser Extra-Aufgabe. Wie soll er sich diesem übersinnlichen Auftrag entziehen? Denken wir doch an die Propheten, an das Neue Testament, an die Märtyrer und an unsere ersten Glaubensboten. Zwangsarbeit ist grausam, körperliche Marter furchtbar, aber seelische Vergewaltigung viel unmenschlicher. Das darf es in einem christlich-demokratischen Staate doch unter keinen Umständen geben.
  5. Aus Unkenntnis verfolgt man hier strafrechtlich etwas wie im Mittelalter bei den Inquisitionsgerichten. Man wirft Bruno Gröning vor: Er heilt! In Wirklichkeit heilt es, das göttliche Eingreifen. Beispiel: Jemand baut einen Verkehrsunfall, da stellt man doch nicht das Werkzeug, das Auto, sondern den Urheber, nämlich den Fahrer unter Anklage. Logischerweise wäre das hier die göttliche Allmacht, also eine versteckte Aggression gegen den Allmächtigen selbst.

    Bei Neuaufnahmen der 10-jährigen in die höhere Schule war ich als Schulleiter großzügig und nachsichtig. Aber eins wurde mit apodiktischer Notwendigkeit gefordert: Die Neulinge mussten zwischen einer Tätigkeit und einer Eigenschaft unterscheiden können. Merkwürdigerweise wird dieser Unterschied zwischen einer Handlung und einem Zustand bei Herrn Gröning bei der Anklageerhebung gar nicht gemacht.

    Heilen ist bei mir doch ein Zupacken, ein Handeln, ein Tun, ein Suchen nach Krankheiten, ein Abstellen, ein Verordnen, ein Tätigsein, während Herr Gröning in der Gemeinschaft mit verschränkten Armen völlig zurückhaltend dasteht, als einmaliges passives Medium einer übersinnlichen Macht. Seine Aktivität ist lediglich die Auslegung des göttlichen Wortes, und seine Wundererfolge gehen etwa nach dem Christuswort vor sich: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, alles andere (hier die Gesundheit) wird euch zugegeben werden.

    Wie will man also dem Allmächtigen sein Werkzeug, sein Medium wegnehmen? Beispiel: Man kann in Südafrika einem Neger den Beamtenberuf verbieten, man kann ihm auch sein Verhalten vorschreiben. In beiden Fällen kann er sich dem Verbot unterwerfen. Aber nun das Ungeheuerliche: Man sagt ihm: Wenn du bis morgen nicht eine weiße Hautfarbe hast, wirst du hart bestraft. Das wäre doch ein Irrsinn! Man kann wohl eine Tätigkeit verbieten, ganz gleich, ob zu Recht oder Unrecht, aber doch niemals einen Zustand unter Strafe stellen. Das aber geschieht bei Herrn Gröning. Er kann sich doch nicht umerschaffen, damit er dem Paragrafen zu Gefallen, seinen Heilstrom abstellt. Als passives Medium fehlt ihm dazu doch das Verfügungsrecht, denn es handelt sich hier ganz klar um eine Eigenschaft, um einen unabänderlichen Zustand.

Entweder muss man ihn

1) freisprechen

oder

2) zum Tode verurteilen.

Tertium non datur, d. h., ein Drittes gibt es nicht.

  1. Und wieviel Tragik liegt noch in folgender Tatsache: Im Oktober 1956 kommt ein Herr nach der Versammlung auf Herrn Gröning zu (ein Österreicher) und sagt: „Ich bin der Staatsanwalt Sowieso und bin eigentlich in böser Absicht hergekommen. Nachdem ich aber festgestellt habe, wer Sie sind und was Sie tun, muss ich mich entschuldigen. Machen Sie ruhig weiter!“. Derselbe Beruf, dasselbe Studium, dasselbe Amt – sagt einerseits „Hosianna!“ andererseits laut Anklage: „Kreuzige, ihn!“ Ja, das ist doch mehr als paradox.
  2. Viele Angebote aus dem Auslande befinden sich in Grönings Händen. Die Fremden umwerben ihn und wünschen ihn herbei. Die eigenen Mitbrüder, die eigene Heimat stellt ihn vor Gericht. Bedauernswertes Deutschland! Wieviel große Männer hat deine Gehässigkeit schon in die Fremde getrieben! Wie beschämend für uns alle!
  3. Da steht vor uns ein Mensch und schaut uns fragend an: „Was wollt ihr denn, was habe ich denn Unrechtes getan? Tag für Tag habe ich Gutes gestiftet und eine innere Stimme zwingt mich dazu. Ich muss meinen Mitmenschen helfen, ich kann nicht anders.“ Trotzdem steht über dieser tragischen Situation drohend und diktatorisch der böse Heilparagraf. Und das eben ist das Dramatische, das Erbarmende, das ans Herz greift, das Fanal, welches so aufdringlich ans Neue Testament erinnert: Wir haben ein Gesetz und nach diesem muss er sterben. Welch eine Tragik liegt doch über diesem Gröning-Geschehen! Dürfen wir da weiter schweigend zusehen? Nachdem Bruno Gröning vom Ausland wegen seiner Verdienste um die notleidende Menschheit zum Professor erhoben worden ist, und ihm durch die Universität Triest außerdem noch die höchste akademische Ehrung zuteilwurde, eine Ehrenurkunde, die nur selten an ganz Hervorragende verliehen wird, ist es doch höchste Zeit, unserem Landsmann die Tore für sein segensreiches Wirken weit aufzustoßen, sodass Staat und Behörden sowie private Verbände sein Werk wirksam unterstützen.


Quelle:
Archiv des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. Freiburg i. Br., Bestand: 20/16, Signatur: „Texte Josef Hohmann“ (1956)

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