Schreiben von Ministerialrat Dr. G. Seiffert
München, 22.10.1949
Abschrift (PDF)
Vorbemerkung
Am 19.10.1949 wandten sich mehrere Vertreter der bayerischen Medizinalbürokratie in einem Telegramm an den Alliierten Hohen Kommissar John McCloy und weitere amtliche Stellen, um die öffentliche Aufführung des Dokumentarfilms „Gröning“ (Regie: Rolf Engler) zu unterbinden.
Hinweis
Die Schreibweise wurde an die Richtlinien der aktuellen Rechtschreibung angepasst.
Eilt sehr!
München, den 22. Oktober 1949
An
(siehe Verteiler)
Betreff: „Bruno Gröning“
Beilage: 1 Abdruck
Es hat sich bei den Vorverhandlungen über die Aufführung des Gröningfilms ergeben, dass bei der derzeitigen Rechtslage die Gesundheitsbehörden nicht in der Lage sind, gegen einen nach ihrer Meinung ungeeigneten Film Einspruch zu erheben, wenn die Freiwillige Selbstkontrolle der Deutschen Filmwirtschaft in Wiesbaden ihre Zustimmung gegeben hat. In diesem Falle wäre nur durch Eingreifen des Hohen Kommissars oder des Landeskommissars eine Änderung möglich. Nach eingehenden Beratungen steht man in Bayern auf dem Standpunkt, dass nach den sehr unliebsamen Vorkommnissen auf dem Traberhof und anderen Orten und nachdem jetzt eine gewisse Beruhigung eingetreten ist, die Aufführung eines Gröningfilms erneut Beunruhigung in die Bevölkerung bringen und die öffentliche Ordnung stören kann.
Unter diesen Gesichtspunkten wurde das in Abschrift anliegende Telegramm an den Hohen Kommissar Mr. John McCloy, an den Landeskommissar für Bayern, Mr. Murray D. van Wagoner und an die Freiwillige Selbstkontrolle der Deutschen Filmwirtschaft in Wiesbaden gesandt.
Es wird gebeten, von diesen Vorkommnissen Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls, wenn die Aufführung des Filmes in anderen Ländern geplant ist, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen.
Verteiler:
Min.-Rat Dr. Unger, Württembergisch-Badisches Innenministerium, Gesundheitsabteilung, Stuttgart
Med. Dr. Daniels, Innenministerium des Landes Württemberg-Hohenzollern, Gesundheitsabteilung, Tübingen
Regierungs-Med. Direktor Dr. Dietsch, Innenministerium des Landes, Gesundheitsabteilung, Freiburg i. Br.
Min.-Rat Dr. Buurmann, Niedersächs. Ministerium für Arbeit, Aufbau und Gesundheit, Abt. IV, Gesundheit, Hannover
Direktor Dr. Glaser, Ministerium für Wohlfahrt und Gesundheitswesen des Landes Schleswig-Holstein, Landesges.-Amt, Kiel-Wik
Professor Dr. Knacke, Hansestadt Hamburg, Gesundheitsverwaltung Hamburg, Warburgerstr. 39
Dr. Greul, Senator für Gesundheitswesen, Landesgesundheitsamt Bremen, Bremen
Min.-Rat Dr. Maier, Sozialministerium des Landes Rheinland-Pfalz, Koblenz
Min.-Rat von Behring, Hessisches Innenministerium, Gesundheitsabteilung,
Wiesbaden
Min.-Dir. Hünerbein, Sozialministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
Stadtrat Dr. Conrad, Magistrat von Groß-Berlin, Abt. Gesundheitswesen, Landesgesundheitsamt, Berlin
Quelle:
Archiv Bruno Gröning Stiftung