Vernehmung Bruno Grönings durch die Kriminalpolizei Stuttgart am 31.1.1955
Stuttgart, 31.1.1955
Hinweis
Im Vorfeld des „Großen Prozesses“ gegen Bruno Gröning, der mit der Einreichung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft München am 4.3.1955 seinen Beginn nahm, wurde Bruno Gröning, der damals seinen Wohnsitz in Stuttgart-Bad Cannstatt hatte, am 31.1. und 1.2.1955 durch die Kriminalpolizei Stuttgart vernommen.
Die Schreibweise wurde an die Richtlinien der aktuellen Rechtschreibung angepasst.
Kriminalpolizei, Dienststelle 1, Stuttgart, 31. Januar 1955, Vo/U.
Vorgeladen erscheint am 31.1.1955 der getr. lebende Privatgelehrte
Bruno Gröning
geb. 31.5.1906 in Danzig
St.A.: deutsch
Vorstrafen: angebl. keine
Eltern: +August G. und ?+ Margarethe geb. Seidler
wohnhaft Stgt.-Bad Cannstatt,
Taubenheimstrasse 25
bei Herrn Dir. Konstantin Weisser
und gibt, mit dem Gegenstand seiner Vernehmung vertraut gemacht und eindringlich zur Wahrheit ermahnt, Folgendes an:
A) Zur Person:
„Ich wurde am 31.5.1906 in Danzig als Sohn des Maurerpoliers August Gröning geboren. Ich hatte noch 6 Geschwister, und zwar 2 Schwestern und 4 Brüder. Meine Eltern wohnten in Danzig-Oliva, Rothöfer Weg 1. Mein Vater war immer berufstätig. Wir hatten unser Auskommen.
In Danzig besuchte ich 6 Jahre lang die Volksschule. Damals musste man in Danzig nur 6 Klassen Volksschule machen. Man begann mit der 6. Klasse und kam dann bei Abschluss der Schule in die 1. Klasse. Dadurch, dass ich in meiner Jugendzeit die rote Ruhr hatte (eine Darmerkrankung, die auf die Kriegsereignisse zurückzuführen ist), war ich ein Jahr lang nicht in der Schule. Da ich aber bis zur letzten Klasse versetzt wurde, bin ich der Meinung, dass ich eine abgeschlossene Volksschulbildung habe. Ich war kein schlechter Schüler.
Nach meiner Schulentlassung habe ich zusammen mit einem Direktor in Danzig eine Handelsfirma aufgebaut. Das Aufbauen ist in organisatorischer Hinsicht zu verstehen. Wir handelten mit Lebensmittel, Werkzeuge, Stoffen usw. Eigentlich war ich dort Laufbursche. In dieser Firma Interpol war ich 2 ½ Jahre. Mein Vater vertrat aber den Standpunkt, dass er Bauhandwerker sei und ich ebenfalls Bauhandwerker werden müsse. Deshalb kam ich in eine Lehrstelle als Zimmerer. Durch die Inflationszeit gingen aber verschiedene Firmen, bei denen ich Lehrling war ein, und ich konnte deshalb meine Lehre nicht abschließen. Eine Gesellenprüfung habe ich nicht gemacht, mir fehlten noch etwa 2 ½ Monate Lehrzeit. Ich musste nun versuchen, meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Noch während ich noch in der Lehre war und gerade die letzte Firma eingegangen war, bei der ich eine Lehrstelle hatte, heiratete ich am 17.3.1928. Meine Frau heißt Gertrud und ist eine geborene Cohn. Wie schon angegeben, war ich nun gezwungen, für meinen und meiner Frau Unterhalt aufzukommen. Zu Anfang meiner Ehe wohnte ich noch bei meinen Eltern. Später bekam ich eine eigene Wohnung in Danzig. Ich war nun in der Folge, und zwar bis 1943, ständig in Danzig und habe in verschiedenen Berufen, z.T. als ungelernter Arbeiter Beschäftigung gefunden. Aus unserer Ehe sind 2 Kinder hervorgegangen. Ein Kind ist im Juni 1940 verstorben. Das zweite Kind ist vermutlich im November 1947 gestorben. Es waren beides Buben.
Zu meiner Ehe möchte ich nichts sagen. Ich lebe seit Januar 1949 getrennt von meiner Frau.
Am 1.3.1943 wurde ich zur ehem. deutschen Wehrmacht eingezogen. Ich kam zu einer Panzerjägereinheit. Ich war auch im Fronteinsatz. Ich wurde verwundet. Oberhalb des rechten Knies steckt jetzt noch ein Granatsplitter. Kurz vor Kriegsende kam ich in russische Kriegsgefangenschaft. Ich war 9 Monate lang in einem Lager in Russland. Ich habe mich nach Hessen entlassen lassen. Während meiner Gefangenschaft hatte ich einen Kameraden kennengelernt, der mir angeboten hatte, bei ihm in Haigerseelbach zu wohnen. Ich war dort einige Monate und beschäftigte mich dann mit dem Aufbau des Hilfswerkes für Vertriebene. Ich war auch zeitweilig im Wohnungsausschuss bzw. in der Wohnungskommission für den Landkreis Hessen, Lkr. Dillenburg. Ich hatte die Aufgabe, für Flüchtlinge Wohnungen zu beschaffen.
Im Januar 1949 wurde ich zu einem Besuch einer Familie Kunz nach Herford eingeladen. In diesem Zusammenhang lernte ich auch eine Familie Hülsmann kennen. Der Bub der Familie Hülsmann wurde durch meinen Besuch gesund. Hinter meinem Rücken und ohne meinen Willen wurde ich nun an die Öffentlichkeit gezerrt. Ich werde später noch darauf zurückkommen.
Schon in meiner frühesten Jugend fiel es den Leuten auf, dass sie etwas Besonderes empfanden, wenn ich da war. Die Leute haben mir dies auch gesagt. Sie erklärten mir, dass allein durch meine Gegenwart ihr Körper sich wohlfühle, und dass sie etwas ganz Bestimmtes spüren würden, das ihnen Besserung gebracht habe. Ich bin der Meinung, dass jedes organische Leiden eine seelische Ursache hat. Ich bin nicht ganz richtig verstanden worden. Ich werde jetzt selbst diktieren, was ich meine.
Um hier ein einwandfrei klares Bild zu geben, würde zu weit führen, daher werde ich versuchen, dieses in einer kurz gefassten Form so zu geben, mich aber auf diesem Wenigen beschränke. Weil ich weiß, dass ein auf diesem Gebiet Unwissender sich kein klares Bild machen kann.
Ein menschlicher Körper, der, von einer Krankheit befallen, hat seine Ursache. Weder er noch seine Angehörigen wissen, welches die Ursache, die zu dieser Krankheit geführt, ist. Erst recht baut der Körper ab, wenn dem Menschen bzw. dem Kranken der Mut dahin gehend abgesprochen wird, dass er auf eine, d. h. seine Gesundheit nicht mehr zu rechnen hat. Mir sind viele solche Fälle bekannt geworden, wo Menschen mir dahin gehend die Erklärung gegeben, dass ihnen von ärztlicher Seite mitgeteilt wurde, dass sie unheilbar krank seien und sie mit einer Gesundung (Heilung) nie zu rechnen haben, und gilt da dann für den Ärzten als aufgegeben. In einzelnen Fällen ist es sogar vorgekommen, dass Ärzte den Kranken gesagt, dass sie kurz über lang doch sterben müssen. Durch diesem haben die Kranken den Mut dahin gehend verloren und sich selbst voll und ganz aufgegeben und auch von da ab nicht mehr den geringsten Lebensmut gehabt und jetzt erst recht seelisch abgebaut darniedergelegen haben. Wenn jetzt der Kranke bzw. ein Angehöriger des Kranken an mich Fragen gestellt, so dass ich dem Kranken bzw. dem Angehörigen nie einen Mut abgesprochen, im Gegenteil, ihm einen neuen Lebensmut zugesprochen, indem meine Bitte dahin führt, dass er, der Kranke, sich selbst nicht aufgeben soll. Meine Belehrung hat, wie immer, auch bei großen Massenansammlungen dahin gehend gewirkt, dass viele Menschen ihre Gesundheit wieder zurückerlangt haben. Dieses wird auch von einigen Fachärzten nicht bestritten. Die bei diesen ihren Patienten die Feststellung gemacht, dass er, der Kranke, tatsächlich wieder bei bester Gesundheit sei.
A. F.:[1]
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, besteht also Ihre Einwirkung auf den Kranken darin, ihm wieder den Lebenswillen zu geben und ihn glauben zu machen, dass er seine Krankheit überwindet und wieder gesund, wird?
Antw.:
Ich kann dies an einem Beispiel klar machen. Wenn jemand z. B. auf einer Eisenbahnschiene zu Fall kommt, oder aber ins Wasser gefallen, oder auf einer Fahrbahn liegt, wird der Betreffende zu dieser Erkenntnis kommen, wenn jetzt nicht ein Mensch kommt, der mich aus dieser Gefahrenzone herausbringt, bin ich verloren. Jeder Mensch wird, wenn er einen solchen Fall vor sich hat, doch dazu übergehen, indem er diesem Menschen, der sich selbst aufgegeben und auch verloren sieht, helfen. Indem er dahin gehend auf ihn einwirkt und sagt: "Ich helfe und Du bist jetzt nicht verloren.“ Sollte der Betroffene sich durch diesen Fall irgendwie wo eine Körperverletzung zugezogen haben, so ist es für ihn ja selbstverständlich, dass er soviel Erkenntnis hat, dass er erstmal, aus dieser Notlage befreit, das Gröbste überwunden und er sich jetzt selbst überlassen bleibt, wie er mit diesen geringen Schäden an seinem Körper fertig wird. Ich selbst als Helfer gebe ihm vor der Verabschiedung den Trost auf seinen weiteren Lebensweg dahin gehend mit, dass es jetzt auf ihn ankommt, indem er sich im weiteren Leben nicht von selbst aufgeben soll.
Frage:
Für Sie ist also jede organische Krankheit ein hilfloser Zustand, der dadurch gebessert werden kann, dass man dem Kranken wieder Lebensmut macht?
Antw.:
Ja, das ist richtig. Es ist in einzelnen Fällen nur schwierig deshalb, weil der Kranke bzw. ein Angehöriger Fragen stellt, die ich ihm wohl richtig beantworte, die aber in einzelnen Fällen falsch aufgefasst werden, und nicht so wortwörtlich wiedergegeben werden können, wie ich diese gegeben, auch mit weiteren Erklärungen und Tatsachen aus dem Leben herauszustellen weiß.
Frage:
Wenn also z. B. jemand zu Ihnen mit einer schweren Lungentuberkulose gekommen ist, bestanden da noch Heilungsaussichten?
Antw.:
Dazu habe ich Folgendes zu sagen: Einmal gebe ich den Hinweis, dass ich weder Arzt (Schulmediziner) noch Heilpraktiker bin. Mir deshalb die Krankheit nicht zu schildern, da ich ja die Krankheit oder überhaupt eine Krankheit behandeln darf. Ich rate dem Menschen dazu an, falls er bisher noch nicht so auf seinen Körper geachtet, dann dieses jetzt zu tun und das Versäumte nachzuholen, erst recht und immer wieder auf seinen Körper zu achten und nicht die Krankheit zu verfolgen. Wie es in diesem Fall in den einzelnen Körpern wirkt, stellt jeder dieser selbst fest. Von Verschiedenen wird mir dieses auch bestätigt, dass er ein Gefühl in seinem Körper, wahrnimmt, das ihm ganz unbekannt ist. Es ist auch vorgekommen, dass ich Einzelne angeraten, mir diese Gefühlssymptome schriftlich mitzuteilen. Diese Bestätigung soll lediglich als Beweis dazu dienen, um Menschen ein klares Bild zu verschaffen.
Frage:
Eine ganz konkrete Frage! Können Sie durch irgendwelche Umstände organisch krankhafte Befunde beseitigen oder verbessern?
Antw.:
„Ich nicht. Es hat sich verbessert, indem der Kranke mir diesen seinen Erfolg mitgeteilt hat.“
Die Antworten habe ich ab der Stelle, die bezeichnet ist, selbst diktiert.
B) Zur Sache:
„Ich bitte die Vernehmung jetzt zur Mittagspause zu unterbrechen. Ich werde morgen früh, 8.15 Uhr, wieder erscheinen und weitere Aussagen machen. Ich habe meiner Vernehmung jederzeit folgen können. Das, was ich angegeben bzw. selbst diktiert habe, ist wahr.“
Unterzeichnet: (Vogel) Hauptkommissar (Gröning)
Quelle:
Archiv Bruno Gröning Stiftung